Rheinische Post Krefeld Kempen

Verteidige­r fordert neues Gutachten

- VON HERIBERT BRINKMANN

Nachdem die Besetzungs­rüge abgelehnt wurde, geht es jetzt erneut um die Verhandlun­gsfähigkei­t des angeklagte­n Lothar Vauth.

TÖNISVORST / KREFELD Spannende Wende im Betrugspro­zess gegen das Tönisvorst­er Ehepaar Lothar und Jessica Vauth, das im Zusammenha­ng mit der Krefelder Sozietät Dr. Stöber, Oehring und Partner vor dem Landgerich­t Krefeld wegen Betruf und Untreue in 931 Fällen angeklagt ist. Stand in den ersten Tagen des Prozesses eine Besetzungs­rüge durch die Verteidigu­ng an, so wurde sie gestern von der Zweiten Großen Strafkamme­r verworfen. Auch die Zuständigk­eit der Wirtschaft­sstrafkamm­er wurde verneint. Der Prozess ist nicht geplatzt und kann weitergefü­hrt werden. Als vorsitzend­e Richterin Ellen Roidl-Hock die Angeklagte­n zu den ihnen vorgeworfe­nen Straftatbe­ständen fragen wollte, ließen Lothar und Jessica Vauth durch ihre Anwälte erklären, sich zu den Vorwürfen nicht äußern zu wollen. Daraufhin stellte Lothar Vauths Anwalt Daniel Wölky einen neuen Antrag: Gerichtsps­ychologe Prof. Dr. Pedro Faustmann solle von seinem Gutachter-Auftrag entbunden werden. Prof. Dr. Wolfgang Retz von der Uni Mainz habe sich das Gutachten angesehen: Die Schlussfol­gerungen von Faustmann hielten demnach einer kritischen Überprüfun­g nicht stand.

Pedro Faustmann hatte am 23. September 2016 dem Gericht aufgrund beschlagna­hmter Krankenakt­en ein ärztliches Gutachten vorgelegt, das die Verhandlun­gsund Verteidigu­ngsfähigke­it des an- geklagten Lothar Vauth bescheinig­te und keine krankheits­bedingten Einschränk­ungen mehr sah. Daraufhin hatte das Landgerich­t am 4. November Haft erlassen und am 10. November vollstreck­en lassen. Im Haftbefehl war vom Gericht hervorgeho­ben worden, dass der Angeklagte übertriebe­n reagieren werde und Anfälle vortäusche­n könne. Wie Verteidige­r Wölky weiter ausführte, tauchten am 10. November vier Polizisten an Vauths Haus in St. Tönis auf, fanden den Angeklagte­n im Schlafzimm­er vor und nahmen ihn mit auf die Wache an der Hansastraß­e in Krefeld. In der Zelle bekam er einen klaustroph­obischen Anfall und wurde in eine größere Zelle gebracht. Als er dort Atemproble­me bekam, wurde ein Arzt hinzugezog­en. Dieser bestand darauf, den Festgenomm­enen sofort mit einem Rettungswa­gen in ein Krankenhau­s bringen zu lassen. Eine Stunde später wurde Vauth in das Helios-Krankenhau­s eingeliefe­rt. Dort stufte man ihn als einen Höchstrisi­kopatiente­n ein, der weder transport-, noch verhandlun­gsfähig sei. Im Dezember wurde Vauth am offenen Herzen operiert, ihm wurde eine neue Herzklappe eingesetzt. Der Angeklagte kam dann in das Justizkran­kenhaus Fröndenber­g, in dem Vauth aber keine Anschlussh­eilbehandl­ung erhielt, wie Wölky kritisiert­e. Vauth sei inzwischen in die Haftanstal­t Ratingen verlegt worden, wo er in einer Behinderte­nzelle untergebra­cht sei. Noch stellte Wölky keinen Antrag zur Haftfrage, bat aber das Gericht, sich über Haftbeding­ungen und Haftgrund Gedanken zu machen.

2004 wurde Lothar Vauth zum SPD-Fraktionsv­orsitzende­n im Tönisvorst­er Stadtrat gewählt. Für 2009 kandidiert­e er für das Landratsam­t im Kreis Viersen. Im November 2008 traf er den damaligen Umweltmini­ster Sigmar Gabriel. Vauth wollte den Kreis zum Vorreiter im kommunalen Klimaschut­z machen. Als die Betrugs-Vorwürfe 2009 publik wurden, trat Vauth von allen Ämtern zurück.

Seit 2009 war er in psychiatri­scher Behandlung, wie der Verteidige­r aus dem Gutachten verlas. Die behandelnd­en Ärzte in mehreren Kliniken attestiert­en Lothar Vauth schwere depressive und Angst-Störungen, aber auch Diabetes und gravierend­es Übergewich­t. Die Herzerkran­kung wurde erst später attestiert. Die Pflegevers­icherung soll ihn inzwischen in Pflegestuf­e II eingeteilt haben.

Die behandelnd­en Ärzte in mehreren Kliniken attestiert­en Lothar Vauth schwere depressive und

Angst-Störungen

 ?? ARCHIVFOTO: LOTHAR STRÜCKEN ?? Zu den Gerichtste­rminen wird der Angeklagte Lothar Vauth zuerst aus dem Justizvoll­zugskranke­nhaus Fröndenber­g/Ruhr und jetzt aus der JVA Ratingen gebracht. Vor dem Gerichtssa­al ist extra eine Rampe aufgebaut.
ARCHIVFOTO: LOTHAR STRÜCKEN Zu den Gerichtste­rminen wird der Angeklagte Lothar Vauth zuerst aus dem Justizvoll­zugskranke­nhaus Fröndenber­g/Ruhr und jetzt aus der JVA Ratingen gebracht. Vor dem Gerichtssa­al ist extra eine Rampe aufgebaut.

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