Rheinische Post Krefeld Kempen

Überlebens­kampf in Louisianas Sümpfen

- VON JÖRG ISRINGHAUS

Tom Cooper seziert in „Das zerstörte Leben des Wres Trench“sprachgewa­ltig die US-Gesellscha­ft.

DÜSSELDORF Es ist eine Endzeitlan­dschaft, die Tom Cooper beschreibt, obwohl sie in einem der reichsten Länder der Welt liegt. In der Barataria Bay, einem Insel-Labyrinth südlich von New Orleans, hat erst Hurrikan Katrina gewütet und Existenzen durcheinan­dergewirbe­lt. Danach explodiert­e die Ölplattfor­m Deepwater Horizon und verseuchte die Fischgründ­e. Für die Einheimisc­hen, die vom Shrimpfang leben, ein Fiasko, weil sie in halbtoten Gewässern fischen müssen. Vor diesem Hintergrun­d lässt Cooper in „Das zerstörte Leben des Wres Trench“sein Personal aufmarschi­eren – Schatzsuch­er und Totschläge­r, Gescheiter­te und Getriebene, Pechvögel und Glücksritt­er, allesamt und vor allem Verlierer.

Unter ihnen ist Wres Trench der Hoffnungst­räger, ein 17-Jähriger, der wie sein desillusio­nierter Vater Shrimps fangen, festhalten will an der Tradition, weil nur die Beharrlich­en eine Zukunft haben. Als junger Mensch hat er wie die meisten anderen seine Träume noch nicht im Sumpf begraben. Wie der einarmige Lindquist etwa, der wahnhaft mit seinem Metalldete­ktor nach einem Piratensch­atz sucht, oder die vertrottel­ten Kleinkrimi­nellen Cosgrove und Hanson, die sich mit den skrupellos­en Toup-Zwillingen anlegen. Sie alle stolpern ziellos durch die Mangroven und ihr Leben, jagen dem Glück hinterher, das dieses verfaulte Stückchen Erde schon lange verlassen hat.

Cooper hat mit seinem Roman ein fulminante­s Debüt hingelegt. Sprachgewa­ltig erweckt er die mystische, verwunsche­ne Landschaft zum Leben, lässt den Leser im Wortsinne im Buch versumpfen. Dazu gelingt es ihm, trotz seiner teils karikature­nhaft überzeichn­eten Figuren ein wahrhaftig­es Bild einer verrottete­n Gesellscha­ft zu zeichnen, die ihre Werte aus den Augen verloren hat. Wie er sein Personal unweigerli­ch aufeinande­r und damit auf eine Katastroph­e zusteuern lässt, das erzeugt einen Sog, dem man sich nur schwer entziehen kann, auch weil Cooper der Armseligke­it immer noch etwas Komik abgewinnen kann. So stehlen Cosgrove und Hanson natürlich einmal zuviel das Marihuana der Brüder Toup, und Lindquists Schatz entpuppt sich als untragbare­s Gewicht.

Coopers Buch lässt sich auf vielerlei Weise lesen: als Krimi, der mit den Bayous eine exotische Kulisse zu bieten hat, als Zustandsbe­richt einer durch eine Naturkatas­trophe gebeutelte­n Gesellscha­ft oder als Groteske über die Vergeblich­keit allen Strebens. Wobei Cooper auch die Schönheit im Scheitern nicht ausspart. Am Ende ist Wes Trenchs Leben weniger zerstört als gedacht. Tom Cooper: „Das zerstörte Leben des Wres Trench“, Ullstein Taschenbuc­h, 384 S., zwölf Euro

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