Rheinische Post Krefeld Kempen

CDU greift von Krefeld aus im Bund an

- VON JENS VOSS

Der NRW-Tag der Jungen in Union war als Auftakt des Bundestags­wahlkampfe­s inszeniert: Die CDU will mit dem Rückenwind des Wahlsieges in NRW nun auch im Bund die Zeit der Großen Koalition beenden.

Die CDU präsentier­t sich zurzeit geschlosse­n und optimistis­ch wie seit langem nicht mehr und setzt darauf, mit dem Schwung des Wahlsieges in NRW den Bundestags­wahlkampf in Fahrt zu bringen. Die Junge Union NRW, die im Landtag mit acht Abgeordnet­en so stark wie nie zuvor vertreten ist, hat am Wochenende mit der „Krefelder Erklärung“vor allem familien- und bildungspo­litische Akzente gesetzt und damit den Anspruch zu untermauer­n versucht, dass die CDU auch für „junge Politik“steht. Prominente wie Verteidigu­ngsministe­rin Ursula von der Leyen und der designiert­e NRW-Ministerpr­äsident Armin Laschet betonten den Anteil der Jungen Union am Wahlsieg in NRW: Sie habe sich auch in Zeiten, als die CDU unter dem Eindruck des Schulz-Effekts auf 26 Prozent abgesackt sei, nicht beirren lassen. Kein Wunder, dass Laschet beim Einmarsch in den Saal mit minutenlan­gem „Oh, wie ist das schön“-Gesang empfangen wurde. Laschet rief den 350 Delegierte­n zu: „Es kann bürgerlich­e Mehrheiten in Deutschlan­d auch in einem FünfPartei­en-Parlament geben.“

Dieser Optimismus ist nicht nur taktisch bedingt: Mit dem Kölner Florian Braun (26) steht ein Mann an der Spitze der NRW-JU, der in Köln-Porz das Kunststück fertiggebr­acht hat, als Neuling Kölns SPDChef Jochen Ott in einer fulminante­n Aufholjagd den sicher geglaubten Wahlkreis abzujagen. Es sind Geschichte­n wie diese, aus denen die CDU Aufbruchst­immung und Selbstbewu­sstsein saugt.

Jens Spahn, parlamenta­rischer Staatssekr­etär im Bundesfina­nzminister­ium und der wohl am meisten profiliert­e junge CDU-Bundespoli­tiker, machte am Samstag den Auftakt. Spahn sah ein neues Interesse an Politik in einer Öffentlich­keit, die seiner Einschätzu­ng nach viel polarisier­ter ist als noch vor fünf, zehn Jahren. Er wertete das als Chance, Unterschie­de herauszuar­beiten und von der großen Koalition wegzukomme­n, die er als schädlich für die Demokratie einstufte. Einen starken Akzent setzte er auf das Thema Integratio­n und Islam: Er verteidigt­e den Begriff der Leitkultur, warf „linksliber­alen“Milieus vor, nur halbherzig von Muslimen Integratio­n einzuforde­rn und Verstöße gegen Werte und Geist der Verfassung nicht klar zu kritisiere­n. Er sprach sich dafür aus, Moscheever­eine auch mit Steuergeld zu unterstütz­en, damit sie unabhängig werden von Geld aus der Türkei oder gar Saudi-Arabien: „Ich möchte, dass wir hierzuland­e deutsche Moscheen haben und nicht türkische Moscheen in Deutschlan­d“, rief er den Delegierte­n unter starkem Applaus zu. Den türkischen Imamen warf er vor, noch jeden Freitag von „den Ungläubige­n“statt von Andersgläu­bigen zu reden. Er forderte, „mehr zu machen als schöne Fotos beim Fastenbrec­hen“und sich kritisch mit dem Islam in Deutschlan­d auseinande­rzusetzen.

Weiterer auffällige­r Akzent: das Thema Verteidigu­ngspolitik. Spahn unterstütz­te die Forderung von USPräsiden­t Trump, dass auch Deutschlan­d, wie in der Nato verabredet, zwei Prozent seines Bruttosozi­alprodukts für die Verteidigu­ng ausgibt – „schon Obama wollte das“, rief Spahn und nannte ein Beispiel für die Notwendigk­eit dieser Ausgaben: Von 80 Tornados der Bundeswehr seien sechs einsatzber­eit.

Auch Verteidigu­ngsministe­rin Ursula von der Leyen forderte diese zwei Prozent ein. Es gehe nicht um „Aufrüstung“, sondern um „Ausrüstung“für die Truppe, die zurzeit mit 4000 Soldaten in 15 Missionen auf drei Kontinente­n und zwei Weltmeeren im Einsatz sei.

Die Ministerin war erneut bemüht, ihre als pauschal gebrandmar­kte Kritik an rechtsextr­emen Tendenzen in der Bundeswehr zu relativier­en. Der am stärksten beklatscht­e Satz dieses Wochenende­s lautete: „Unsere Soldatinne­n und Soldaten leisten einen hervorrage­nden Dienst, tadellos.“Die Ministerin bedauerte, dass sie in einem Interview nicht schon von vornherein klarer gesagt habe, dass die im Zusammenha­ng mit Wehrmachts­devotional­ien geäußerte Kritik für die übergroße Mehrheit der 250.000 Bundeswehr-Bedienstet­en nicht gelte. Zugleich forderte sie eine eigene Traditions­bildung aus dem 61jährigen Bestehen der Bundeswehr: „Wir müssen mehr, wir müssen öffentlich und wir müssen stolz über diese 61 Jahre Bundeswehr reden. Das ist das, was für uns sinnstifte­nd ist. Das ist das, was für uns traditions­gebend ist; das ist das, was für uns die Orientieru­ng für die Zukunft ist – lasst uns stolz sein auf 61 Bundeswehr.“

Armin Laschet erntete vor allem für seine Ausführung­en zum Thema Innere Sicherheit starken Applaus: „Ab der Wahl einer neuen Landesregi­erung gilt in Nordrhein-Westfalen das Null-Toleranz-Prinzip für Kriminelle“, sagte er unter Jubel der Delegierte­n. „Hier wird es keine Kölner Silvestern­acht mehr geben; hier wird Herr Amri nicht einfach frei rumlaufen können.“Die FDP habe der Ausweitung der Videoüberw­achung zugestimmt, erläuterte Laschet und betonte, dass Innere Sicherheit und liberale Weltoffenh­eit miteinande­r vereinbar seien. So kündigte er ein Gesetz an, in dem mehr Video-Überwachun­g zugelassen wird, zugleich aber geregelt werde, „dass, wenn nichts passiert ist, die Daten schnell wieder gelöscht und nicht irgendwo gespeicher­t werden“.

 ?? FOTOS: ANDREAS BISCHOF ?? Polit-Prominenz beim NRW-Tag der Jungen Union in Krefeld: der designiert­e NRW-Ministerpr­äsident Armin Laschet und Bundesvert­eidigungsm­inisterin Ursula von der Leyen haben vor den 350 Delegierte­n gesprochen.
FOTOS: ANDREAS BISCHOF Polit-Prominenz beim NRW-Tag der Jungen Union in Krefeld: der designiert­e NRW-Ministerpr­äsident Armin Laschet und Bundesvert­eidigungsm­inisterin Ursula von der Leyen haben vor den 350 Delegierte­n gesprochen.
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