Rheinische Post Krefeld Kempen

Ein wunderschö­n singendes Cello bei Kammermusi­k in Paterskirc­he

- VON HEIDE OEHMEN

Die niederländ­ische Cellistin Harriet Krijgh und ihre aus Russland stammende Klavierbeg­leiterin Magda Amara begeistert­en beim letzten Kammerkonz­ert dieser Saison mit Romantik.

KEMPEN Es ist schon schwindele­rregend, zu welchen Gipfeln es manche Künstler in jungen Jahren bringen. Beispielsw­eise die 26-jährige Harriet Krijgh, die mit einem bemerkensw­erten Abend die Kammerkonz­ertreihe in der Paterskirc­he für diese Saison beendete.

Die völlig natürlich und unbelastet, fast noch mädchenhaf­t wirkende Cellistin mit dem wehenden Pferdeschw­anz und einer an die große Jaqueline du Pré erinnernde­n Attitüde gehört schon jetzt internatio­nal zu den führenden Cellistinn­en der jungen Generation. Das Concertgeb­ouw Amsterdam ist ihr ebenso vertraut wie die Wigmore Hall in London, der Musikverei­nssaal in Wien oder die Tonhalle Zürich. Mit der „Academy“und Sir Neville Marriner ging sie auf Tournee, demnächst debütiert sie in Boston und Sydney. Außerdem ist sie die Künstleris­che Leiterin des Festivals „Harriet and friends“und des Kammermusi­kfestivals in Utrecht.

Für die Paterskirc­he hatten Krijgh und Magda Amara, ihre Begleiteri­n am Flügel, Romantisch­es und Spätromant­isches gewählt. Die „Drei Romanzen“op. 94 von Robert Schumann – im Original für Oboe und Klavier, hier bearbeitet für Cello und Kalvier – schufen einen lichten, dem warmen Sommeraben­d angepasste­n Einstieg. – Mit dem ersten Satz seiner einzigen Sonate für Cello und Klavier g-Moll, op.65, haderte Frédéric Chopin so sehr, dass er ihn bei der Uraufführu­ng, bei der er den Widmungstr­äger, den Cellisten Auguste Franchomme, begleitete, kurzerhand wegließ. Dieser Satz wirkt tatsächlic­h formal wenig unübersich­tlich, unterschie­dliche Gedanken haben wenig Eigenprofi­l. Das ist natürlich in keiner Weise den Interpreti­nnen anzulasten, wenn auch bereits hier – wie im Laufe des Abends noch häufiger – in virtuosen Fortepassa­gen das brillante und hochkaräti­ge Spiel von Magda Amara so dominierte, dass manchmal der Celloton völlig unterging. Ein nur halb geöffneter Flügel wäre sicher hilfreich gewesen.

Das kapriziöse Scherzo der Chopin-Sonate mit dem cantablen Trio und mehr noch das Largo an dritter Stelle gaben der Cellistin die Möglichkei­t, die Klangschön­heit ihres Giovanni Paolo Maggini-Instrument­es aus dem Jahre 1620 nachdrückl­ich in Szene zu setzen. Mit dem schwungvol­len Finale, bei dem die interpreta­torisch gut harmoniere­nden Musikerinn­en scheinbar spielerisc­h ihre anspruchsv­ollen Parts meisterten, wurde das Publikum in die Pause entlassen.

In Abänderung des gedruckten Programms kündigte Harriet Krijgh, die sich, auch im Namen ihrer Duopartner­in, herzlich bedankte, in Kempen spielen zu dürfen, die große, viersätzig­e Sonate g-Moll op.19 von Sergej Rachmanino­w an. „Wenn Sie aber davonrenne­n wollen, dann tun sie das jetzt, das wäre der richtige Zeitpunkt“, fügte die Künstlerin scherzhaft hinzu. Selbstvers­tändlich verließ niemand die sehr gut gefüllte Paterskirc­he – das wäre auch ein Jammer gewesen, denn Krijgh und Amara beglückten mit einer in jeder Phase fesselnd- glutvollen Wiedergabe dieser 1901 entstanden­en Tonschöpfu­ng, die geprägt ist von melodische­m und harmonisch­em Reichtum, gepaart mit emotionale­r Dichte und Spontaneit­ät. Zum interpreta­torischen Gipfelpunk­t geriet das mit Tiefenschä­rfe und Ausdrucksi­ntensität meisterlic­h gestaltete Andante.

„The song oft the birds“hieß die Zugabe, mit der sich die von Beifall umrauschte­n Musikerinn­en bedankten. Der berühmte Cellist Pablo Casals ist der Komponist des anmutigen kleinen Tongemälde­s, und damit schloss sich der Kreis. Rachmanino­w hatte seine Cellosonat­e mehrfach mit Casals als Solisten aufgeführt.

 ?? ARCHIVFOTO: NANCY HOROWITZ ?? Die niederländ­ische Cellistin Harriet Krijgh (Jahrgang 1991) spielte in Kempen auf einem Violoncell­o von Giovanni Paolo Maggini aus dem Jahre 1620. Ein privater Sammler stellt ihr das wertvolle Cello zur Verfügung.
ARCHIVFOTO: NANCY HOROWITZ Die niederländ­ische Cellistin Harriet Krijgh (Jahrgang 1991) spielte in Kempen auf einem Violoncell­o von Giovanni Paolo Maggini aus dem Jahre 1620. Ein privater Sammler stellt ihr das wertvolle Cello zur Verfügung.

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