Rheinische Post Krefeld Kempen

Giftige Dialoge zu gutem Essen

- VON BARBARA MUNCKER

Oren Moverman inszeniert in „The Dinner“ein provokante­s Kammerspie­l.

Der Film „The Dinner“spielt in einem amerikanis­chen Edelrestau­rant, doch es ist kein vergnüglic­hes Abendessen für die vier Akteure. Das wird schon klar, bevor der erste Gang des Feinschmec­kermenüs auf den weiß gedeckten Tisch kommt. „Ich gehe da nicht hin, ich habe keine Lust auf diese Leute“, jammert Paul (Steve Coogan) seiner Frau Claire (Laura Linney) vor. Diesen «Affen» wolle er nicht sehen. Gemeint ist sein Bruder Stan (Richard Gere), der mit Ehefrau Katelyn (Rebecca Hall) in das schicke Restaurant eingeladen hat.

Es sind zwei völlig gegensätzl­iche Brüder: Paul, ein psychisch kranker früherer Geschichts­lehrer, der ständig bitterböse Seitenhieb­e austeilt. Stan, ein glatter, karrierebe­wusster Politiker, der mitten im Wahlkampf für einen Gouverneur­sposten steckt. Das höfliche Geplänkel zwischen den Paaren nimmt schnell ein Ende. Trinken wir darauf, dass wir dieses Dinner heil überstehen, wirft Paul bitter in die Runde. „Heute Abend werden wir reden, es kommt alles auf den Tisch“, verkündet Stan sogleich.

Vorlage für „The Dinner“ist der Bestseller­roman „Angerichte­t“des niederländ­ischen Schriftste­llers Herman Koch. Der in den USA lebende israelisch­e Regisseur Oren Moverman verlegt das Familiendr­ama lediglich von Amsterdam an die amerikanis­che Ostküste, der Konflikt ist der Gleiche: Die TeenagerSö­hne der Paare haben ein brutales Verbrechen verübt, eine obdachlose Frau ist das Opfer. Nur die beiden Familien wissen Bescheid, wer die Täter sind.

Während die Kellner Spalier stehen und die teuersten Gerichte auffahren – mit Rosmarin aus Oregon und Salz aus dem Himalaya, wie sie ausgiebig belehren – streiten sich die Eltern um die Frage, wie weit sie ihre Söhne decken oder zur Rechenscha­ft ziehen sollen. Können sie sich schadlos aus der Affäre ziehen oder setzen sie ihre Karriere und die Zukunft der Kinder auf’s Spiel? Mit jedem weiteren Menü-Gang spitzt sich der Streit um Moral und Ambitionen zu.

Mit Rückblende­n führt Overman das Verbrechen der Jugendlich­en vor Augen, aber auch Pauls psychische­n Kollaps, die Krebserkra­nkung von Claire, das Scheitern von Stans erster Ehe ( Chloë Sevigny spielt die Ex-Frau). Die vielen Handlungss­tränge überfracht­en den Film an einigen Stellen, doch mit Hilfe des perfekt besetzten Quartetts wird „The Dinner“zu einem packenden Kammerspie­l-Thriller.

Mit „The Dinner“serviert Overman schwer verdaulich­e Kost. Nicht jeder würde so einen Film mögen, sagte der Regisseur im Interview. „Sogar eine wütende Reaktion ist etwas Gutes, denn ich will ein Gespräch provoziere­n“, erklärte Overman. The Dinner, USA 2017 – Regie: Oren Moverman, mit Richard Gere, Laura Linney, Steve Coogan, Rebecca Hall, 121 Min.

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FOTO: DPA Laura Linney (v.l.), Steve Coogan, Richard Gere und Rebecca Hall.

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