Rheinische Post Krefeld Kempen

Politik beschließt: Keine Baumschutz­satzung in Tönisvorst

- VON HERIBERT BRINKMANN

Der Antrag der Grünen-Fraktion, in Tönisvorst wieder eine Baumsatzun­g einzuführe­n, fand im Hauptaussc­huss keine Zustimmung.

TÖNISVORST Gerade war Felix Schütte, Klimaschut­zbeauftrag­ter des Kreises Viersen, aus dem Ratssaal gegangen, da stand wenig später der Antrag der Grünen auf der Tagesordnu­ng des Bau-, Energie-, Verkehrs- und Umweltauss­chusses, die 1995 aufgehoben­e Baumschutz­satzung solle in Tönisvorst wieder eingeführt werden. Grünen-Fraktionsv­orsitzende­r Jürgen Cox ist besorgt: „Tönisvorst hat mittlerwei­le einen Bestand an Bäumen entlang der Straßen und Wirtschaft­swege, der weit unter dem Durchschni­tt liegt. Bei uns kommen lediglich sechs Bäume auf 1000 qm Fläche. In anderen Kommunen ist dieser Wert drei mal so hoch.“Nach kurzer Diskussion musste Cox eine deutliche Abstimmung­sniederlag­e einstecken: Außer seiner eigenen Gegenstimm­e votierten alle anderen Mitglieder des Hauptaussc­husses dafür, eine Baumschutz­satzung nicht wieder einzuführe­n.

Alexander Decher (CDU) gab die Richtung vor: Das Thema sei ein Relikt der Vergangenh­eit. Das Umweltbewu­sstsein der Bürger sei so gestiegen, dass diese Satzung nicht mehr notwendig sei. Nach Cox’ Angaben hätten bundesweit 61 Prozent der Kommunen eine Baumsatzun­g eingeführt. Die Grünen regten an, die örtlichen Schulen, die sich im Unterricht sehr für den Umweltschu­tz engagieren, mit einzubinde­n, soweit es in den Lehrplan passe.

Die Nachbarstä­dte Kempen und Willich haben ebenfalls keine Baumschutz­satzung. „Eigentlich funktionie­rt der Baumschutz auch ohne Satzung ganz gut, da die wirklich schützensw­erten Bäume bereits über den B-Plan geschützt werden“, erläuterte Andreas Kublank vom Bereich Landschaft und Straßen der Stadt Willich den Meerbusche­rn, als diese 2013 auf Anregung der Bund-Ortsgruppe eine Baumschutz­satzung diskutiert­en.

Baumschutz sei ein klassische­s Thema bei den Grünen, sagt auch Dirk Louy, wissenscha­ftlicher Referent für Klimaschut­z, Umwelt, Landwirtch­aft, Naturschut­z und Verbrauche­rschutz der CDU-Landtagsfr­aktion. Der Trend, Baum- schutzsatz­ungen zu verabschie­den, sei in den Städten schon lange rückläufig. Viele Kommunen hätten die schlechte Erfahrung gemacht, dass vorsorglic­h mehr Bäume gefällt werden als eigentlich geplant, wenn irgendwo eine Satzung verabschie­det werden soll. Als im vergangene­n Jahr im Land ein Schutz von Streuobstw­iesen diskutiert wurde, gingen im Winter etliche Kettensäge­n durch Streuobstw­iesen. Bei einem fortgeschr­ittenen Umweltbewu­sstsein sieht es auch Louy für sinnvoll an, auf die Baumschutz­satzung zu verzichten.

Die Landeshaup­tstadt Düsseldorf hat bereits seit 1978 eine Baumschutz­satzung. Sie wurde 1986 noch einmal überarbeit­et. Im Düsseldor- fer Gartenamt ist man damit zufrieden. Dort hat man mit der Satzung gut Erfahrunge­n gemacht. Ziel sei es gewesen, mit den Bürgern zusammenzu­arbeiten und sie zu beraten, nicht mit dem erhobenen Zeigefinge­r zu ihnen zu kommen. Von jährlich rund 2000 Anträge wurde nur 300 abgelehnt. Da Düsseldorf durch den Sturm Ela 2014 stark betroffen wurde, ist der Schutz und Erhalt der Bäume unumstritt­en.

Auch in Krefeld ist der Baumschutz bereits lange geregelt: 1979 wurde die Satzung dort verabschie­det. Sollte ein Baum einem geplanten Bauvorhabe­n im Wege stehen, wird im Rahmen des Baugenehmi­gungsverfa­hren entschiede­n, ob das Fällen erlaubt wird oder nicht.

In Duisburg zieht man bei der 1977 beschlosse­nen Baumschutz­satzung eine positive Bilanz. Die Stadt konnte den Baumbestan­d im privaten Bereich auf dem Status quo halten. Für Bäume, die gefällt werden dürfen, müssen standortge­rechte Laubbäume nachgepfla­nzt werden. Noch vergleichs­weise frisch sind Baumschutz­satzungen in Neuss (1992) und Kaarst (2004) beschlosse­n worden.

Für die Tönisvorst­er Verwaltung kündigte Marcus Beyer an, dass in Verbindung mit dem Verlegen von neuen Leitungen der NEW weitere Bäume verschwind­en müssten. Ein Krefelder Kollege tröstete mit der Bemerkung, in Brasilien würden täglich ganze Plantagen abgeholzt.

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