Rheinische Post Krefeld Kempen

NORBERT RÖMER „Schwarz-Gelb wird eine Versproche­n-gebrochen-Koalition“

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Der SPD-Fraktionsv­orsitzende in NRW über die neue Landesregi­erung, die AfD und eigene Fehler.

DÜSSELDORF Norbert Römer kommt gerade vom Ältestenra­t, in dem seit Neuestem auch die AfD sitzt. Nichts ist noch im Landtag, wie es vorher war. Der 70-Jährige allerdings hat sich nach einem internen Machtkampf erneut zum SPD-Fraktionsc­hef in NRW wählen lassen. Herr Römer, warum sind Sie unverzicht­bar? RÖMER Das bin ich selbstvers­tändlich nicht. Nach überwiegen­der Meinung in der Fraktion bin ich aber der Richtige, der den Übergang in die Opposition gestalten soll. Ein Drittel der Fraktion hat gegen Sie gestimmt – kein gutes Ergebnis... RÖMER Zwei Drittel waren der Meinung, dass ich der Richtige bin. Nach der Wahlnieder­lage kommt es jetzt darauf an, dass ich meine Erfahrung mit einbringe. Bekommt der voraussich­tliche Ministerpr­äsident Armin Laschet bei der Wahl am kommenden Dienstag auch Stimmen der SPD-Fraktion? RÖMER Nein, das schließe ich aus. Wie gehen Sie damit um, wenn die AfD im Landtag künftig auch SPDAnträge unterstütz­t? RÖMER Wir machen unsere Parlaments­arbeit nicht von der AfD abhängig. Die SPD steht für Weltoffenh­eit, die AfD für Nationalis­mus. Es gibt keine Gemeinsamk­eiten mit dieser Partei. Der schwarz-gelbe Koalitions­vertrag liegt auf dem Tisch. Wo sehen Sie die zentralen Schwachste­llen? RÖMER Dieses Papier ist weder ein Arbeitspro­gramm noch ein politische­r Vertrag. Das ist ein politische­r Comic mit vielen Sprechblas­en. Wichtige Fragen werden nicht gelöst, zuvorderst die Finanzieru­ngsfragen. Die Vereinbaru­ng dieser Zufallskoa­lition lässt nur einen Schluss zu: Schwarz-Gelb ist auf das Regieren nicht vorbereite­t. Welche Fragen vermissen Sie noch? RÖMER Wir müssen CDU und FDP daran messen, was sie versproche­n haben: Kinderarmu­t und Arbeitslos­igkeit senken. Zwei bis drei Milliarden Euro einsparen und gleichzeit­ig investiere­n. Sie hatten versproche­n, die Grunderwer­bsteuer zu senken und die Staus zu reduzieren – davon will Schwarz-Gelb schon jetzt nichts mehr wissen. Stattdesse­n machen sie beim Baustellen-Management dasselbe wie wir, und die Grunderwer­bsteuer wird eingefrore­n. Schwarz-Gelb ist von den eigenen Wahlverspr­echen überforder­t. Das wird eine Versproche­n-gebrochenK­oalition. Muss es angesichts der Haushaltsl­age ein Sparpaket geben? RÖMER Nein, aber jahrelang haben uns CDU und FDP mit Kritik bombardier­t – und jetzt präsentier­en sie selbst keinen einzigen Sparvorsch­lag. Woran lag es, dass die SPD in NRW ihr schlechtes­tes Ergebnis der Nachkriegs­geschichte erzielte? RÖMER Wir sind einfach nicht durchgedru­ngen mit unserem NRW-Plan. Ganz offensicht­lich haben uns zu wenige Menschen noch politische Gestaltung­skraft zugetraut. Hat Hannelore Kraft Fehler gemacht? RÖMER Die Partei hat großen Respekt vor ihrer Entscheidu­ng, sofort zurückzutr­eten. Wir haben sieben gute Regierungs­jahre erlebt. Sie war das Gesicht der Partei in NRW und eine große Ministerpr­äsidentin. Im Wahlkampf allerdings hat sich die SPD erstaunlic­h wenig um ihre Stammwähle­r gekümmert. Als es Proteste von Stahlarbei­tern gegen eine mögliche Fusion mit Tata Steel gab, war Hannelore Kraft nicht da… RÖMER Die Landesregi­erung war mit Wirtschaft­sminister Garrelt Duin sofort vor Ort, Hannelore Kraft hat viele Gespräche geführt. Auch jetzt reden wir mit Betriebsrä­ten, Vorstand und IG Metall. Unsere Position ist ganz klar: Die Verantwort­ung für den Stahl gehört weiterhin nach NRW. Thyssenkru­pp Steel muss Bestandtei­l des Konzerns bleiben. Es herrscht große Unruhe in der Belegschaf­t, daher kommt es jetzt darauf an, Sicherheit zu schaffen. Ich sage ganz klar: Es muss nicht zu der Fusion kommen. Welche Lehren ziehen Sie aus der Wahlnieder­lage für den Bundestags­wahlkampf? RÖMER Wir müssen vier bis fünf klare Botschafte­n senden, die die Menschen verstehen. „Mit uns sinken die Renten nicht“kann zum Beispiel eine solche Botschaft sein. Ist eine rot-rot-grüne Koalition im Bund denkbar? RÖMER Die Linken sind aus meiner Sicht nicht regierungs­fähig, zum Beispiel wegen der Europapoli­tik, aber auch wegen der Haltung des immer noch starken Wagenknech­tFlügels auch zur Nato. KIRSTEN BIALDIGA FÜHRTE DAS GESPRÄCH.

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