Rheinische Post Krefeld Kempen
Fahrgäste saßen sechseinhalb Stunden im ICE fest
GÜTERSLOH (oko) Eigentlich ist Bahnfahren für Damian Schwichtenberg Routine: Jedes Wochenende pendelt er von Kiel nach Köln und zurück. Am späten Donnerstagabend erlebte der 18-Jährige allerdings eine Odyssee: Zusammen mit rund 400 weiteren Fahrgästen saß er sechseinhalb Stunden im ICE 542 fest.
Wegen des Unwetters über Teilen Nordrhein-Westfalens waren zwischen Bielefeld und Gütersloh Äste auf die Gleise gestürzt und hatten die Oberleitung beschädigt. Damian Schwichtenberg, der nach Köln fahren wollte, erlebte die erste Überraschung in Hannover. Hunderte Menschen strömten in den Zug. Die Bahn hatte einen vorausfahrenden ICE in Hannover enden lassen, die Passagiere mussten umsteigen. Bis Bielefeld verlief die Fahrt vorerst ohne weitere Zwischenfälle, dann aber kam der Zug erneut zum Stehen – und diesmal endgültig.
Die beschädigte Oberleitung hatte sich im Stromabnehmer des ICE verheddert. Die Fahrgäste hörten eine Durchsage: Die Weiterfahrt verzögere sich um etwa 60 Minuten.
Kurz darauf fiel der Strom aus, die Notbeleuchtung ging an. Schon 20 Minuten später funktionierte die Klimaanlage nicht mehr. „Die Toiletten waren nicht mehr benutzbar, die waren irgendwann halt voll“, sagt Schwichtenberg. „Viele Leute im Zug, keine Klimaanlage, keine Fenster: Das hat sich schnell ordentlich aufgeheizt“, erzählt der 18Jährige. Die Türen blieben zwei Stunden lang verschlossen, verlassen durften die Passagiere den Zug nicht. Ein Sprecher der Deutschen Bahn erklärt auf Nachfrage unserer Redaktion: „Da die Leitungen nicht geerdet waren, wäre es lebensgefährlich gewesen, die Fahrgäste auf freier Strecke den Zug wechseln zu lassen.“Einige Zeit später wurden die Türen dann doch geöffnet. Nach einer Stunde traf dann auch ein Notfallmanager ein, anschließend die Feuerwehr. Der Zug wurde nach Gütersloh in den nächsten Bahnhof abgeschleppt. Gegen sechs Uhr traf ICE 542 in Gütersloh ein, die Passagiere konnten in einen anderen Zug umsteigen. Um 9 Uhr morgens erreichte Schwichtenberg endlich Köln – hier hätte er eigentlich um 23:14 Uhr ankommen sollen.
Die Streckensperrung zwischen Gütersloh Hbf und Bielefeld Hbf ist seit gestern Mittag aufgehoben. Die ICE-Linien Hannover – Hamburg und Berlin – Dresden wurden bis gestern Abend noch mit Verspätungen umgeleitet.