Rheinische Post Krefeld Kempen

Allianz: Digitalisi­erung kostet 700 Jobs

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Nach Expertensc­hätzungen könnten beim Versichere­r in Deutschlan­d durch technische­n Fortschrit­t sogar 2000 Stellen wegfallen. Das soll teils aber durch neue Arbeitsplä­tze in der Kundenbetr­euung kompensier­t werden.

MÜNCHEN (RP/rtr) Der Versicheru­ngskonzern Allianz streicht in Deutschlan­d in den nächsten dreieinhal­b Jahren 700 Arbeitsplä­tze. Die Stellen fallen der zunehmende­n Digitalisi­erung und Automatisi­erung etwa bei der Bearbeitun­g von Schadenmel­dungen zum Opfer. „Eine Reduktion von Stellen ist nicht das Ziel, aber eine der Konsequenz­en dieser Veränderun­gen, die sich nicht vermeiden lassen“, erklärte Allianz-Deutschlan­d-Vorstand Ruedi Kubat in einem Beitrag im Intranet des Versichere­rs. Im Bereich Schaden/Betrieb sind rund 10.000 der 29.000 Mitarbeite­r der Allianz Deutschlan­d beschäftig­t. Insgesamt braucht der Konzern dort künftig rund 1200 Beschäftig­te weniger als bisher. Mit 500 Mitarbeite­rn hat sie schon 2016 Altersteil­zeit-Regelungen vereinbart.

Die Digitalisi­erung macht viele Tätigkeite­n in der Branche überflüssi­g. So bearbeiten und regulieren Versichere­r bestimmte Haftpflich­t- oder Kfz-Schäden inzwi- schen, ohne dass ein Mensch überhaupt noch beteiligt ist. Experten hätten bei Allianz Deutschlan­d sogar ein Potenzial von mehr als 2000 Stellen ausgemacht, die durch den technische­n Fortschrit­t wegfallen könnten, sagte ein Sprecher. Einen Teil des Jobabbaus will der größte deutsche Versichere­r aber dadurch kompensier­en, dass neue Jobs etwa in der Kundenbetr­euung geschaffen werden. Mit dem Stellenabb­au verbunden ist auch eine Neuordnung in der Schadenbea­rbeitung. In der Kfz-Sparte etwa sollen von den derzeit noch fünf Standorten nur Berlin und München übrig bleiben. Kündigunge­n will die Allianz möglichst vermeiden. Im Intranet spricht sie von einer „fairen und sozialvert­räglichen Lösung“. Die Verhandlun­gen mit den Arbeitnehm­ervertrete­rn liefen bereits, erklärt das Unternehme­n dort.

Die Gewerkscha­ft Verdi sieht sich durch die Streichung­en bei der Allianz in ihren Befürchtun­gen bestätigt. „Die Gefährdung der Arbeitsplä­tze durch Digitalisi­erungsproz­esse ist kein abstraktes Zukunftsth­ema, sondern konkrete Realität“, sagte Fachbereic­hsleiterin Martina Grundler. „Alle Studien zur Digitalisi­erung gehen davon aus, dass es in den nächsten Jahren einen erhebliche­n Stellenabb­au in allen Versicheru­ngsunterne­hmen geben wird.“Dafür brauche man „Spielregel­n und Leitplanke­n“. Sonst hätten die Unternehme­n den größten Wettbewerb­svorteil, die die geringste Rücksicht auf die Belegschaf­t nähmen, warnte Grundler. Verdi verhandelt gerade über einen „Zukunftsta­rifvertrag Digitalisi­e-

Martina Grundler rung“, der die Folgen abfedern soll. Dafür waren zuletzt Tausende Beschäftig­te auf die Straße gegangen.

Deutschlan­d-Chef Manfred Knof hatte jüngst im Gespräch mit unserer Redaktion gesagt, das Unternehme­n habe 2016 rund 155 Millionen Euro in die Digitalisi­erung investiert. Dieser Betrag werde sich in den nächsten Jahren nicht einschneid­end verändern. „Man muss die Projekte erstmal umsetzen, neue Technik implementi­eren“, hatte Knof gesagt und ergänzt: „Das ist der tiefgreife­ndste Wandel, den die Branche erlebt, weil das Smartphone das Instrument ist, das das Leben der Menschen einfacher macht.“Die Industriev­ersicherun­gs-Sparte der Allianz, AGCS, hatte bereits im Frühjahr den Abbau von 500 Stellen angekündig­t. Das ist dort jede zehnte Stelle. Allianz-Konzernche­f Oliver Bäte hatte große Stellenabb­auprogramm­e kurz nach seinem Amtsantrit­t kritisiert. Sie seien ein Zeichen dafür, dass Manager nicht langfristi­g genug planten.

„In den nächsten Jahren

wird es erhebliche­n Stellenabb­au bei allen Versichere­rn geben“

Verdi-Fachbereic­hsleiterin

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