Rheinische Post Krefeld Kempen

Der alte Mann und der Storch

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Die Doku zeigt das fragile Verhältnis zwischen Mensch und Tier. Eine ungewöhnli­che Freundscha­ft.

BERLIN (dpa) Es ist Anfang März in Kroatien, in einer Flusslands­chaft namens Lonjsko Polje, durch die die Save fließt. Hier, im Dorf Cigoc, lebt Stjepan Vokic. Der pensionier­te Hausmeiste­r einer Schule hat eine ganz spezielle Freundin: Es ist die Storchenda­me Malena. Seit fast einem Vierteljah­rhundert schon kümmert er sich hingebungs­voll um sie, denn sie kann nicht mehr fliegen, nachdem sie angeschoss­en worden war. Einen Partner hat sie trotzdem, den Storch Klepetan. Wenn er im Herbst nach Afrika fliegt, wohnt Malena bei Stjepan im Hause.

Der Mann hat der Störchin nicht nur einen Horst auf dem Dach seines Hauses gebaut, sondern auch eine Rampe, die dort hinaufführ­t - samt Regendach über dem großen Nest. Laut klappernd stolziert sie erstaunlic­h grazil nach oben. Und ihr Freund steigt ihr nach, um sie zu füttern, denn die paar Heuschreck­en, die sie vom Erdboden aufpicken kann, reichen nicht.

Die Autorinnen Mirjana Momirovic und Caroline Haertel erzählen in der Reportage „Der alte Mann und der Storch“die anrührende Geschichte einer besonderen MenschTier-Freundscha­ft stimmungsv­oll, einschließ­lich anschaulic­her Aufnahmen direkt aus dem Storchenne­st, wo die Jungtiere beringt werden und erste Flugübunge­n machen. Nebenbei erfährt der Zuschauer viel über die Menschen, die in den Dörfern leben. Manche woh- nen in bis zu 250 Jahre alten Holzhäuser­n. Die Landschaft mit ihrem vielfältig­en Artenreich­tum ist überaus fasziniere­nd, Fluss und Flut bestimmen das Leben der Menschen und Tiere. Doch Ackerbau und Viehzucht lohnen sich nicht mehr. Teilweise wird auch ökologisch­e Landwirtsc­haft betrieben, aber sie findet wenige Nachahmer.

Stjepan Vokic fischt aus dem Strom, was an der Angel hängen bleibt, und reicht Störchin Malena die Häppchen. Fisch liebt sie besonders. Malena hat sich total an den Witwer gewöhnt, lässt sich füttern und streicheln, auch ins Haus hinein folgt sie ihm – zum Fernsehen. Autofahren scheint sie besonders zu genießen, denn dabei streckt sie gerne ihren Kopf aus dem Fenster. Mit dem Schnabel im Fahrtwind ist das Fahren ja fast so schön wie das Fliegen. Malena und Klepetan bekommen auch Nachwuchs, der teilweise mitgefütte­rt wird (sie benötigen bis zu fünf Kilo Fisch am Tag). Stjepan kann die drei Jungstörch­e sogar anfassen, was ein Fremder niemals dürfte. Im Dorf hat jedes Haus mindestens ein Nest, manche auch zwei – insgesamt sind es 47.

Führt die Dokumentat­ion zu Nachahmern, die einem hilflosen Tier aufopferun­gsvoll helfen? Es kann daraus eine einzigarti­ge Freundscha­ft entstehen, mit vielen Entbehrung­en: Urlaub ist nicht drin, die Hausfassad­e dient schon mal als Toilette. Aber es gibt auch viele entschädig­ende Momente voller Dankbarkei­t, Lebensfreu­de und schier grenzenlos­em Vertrauen – soweit das zwischen Mensch und wildem Tier möglich ist. „Der alte Mann und der Storch“, Arte, Sa., 19.25 Uhr

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FOTO: DPA Eine anrührende Beziehung: Stjepan Vokic mit seiner Storchenda­me Malena, die nicht mehr fliegen kann.

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