Rheinische Post Krefeld Kempen

„Silicon Valley im Rheinland“

- VON KIRSTEN BIALDIGA UND FLORIAN RINKE

Der neue NRW-Wirtschaft­sminister Andreas Pinkwart will die Städte Aachen, Bonn, Köln und Düsseldorf enger vernetzen. Der bisherigen Gründerhau­ptstadt Berlin soll das Land so langfristi­g den Rang ablaufen.

DÜSSELDORF Der neue NRW-Wirtschaft­sminister Andreas Pinkwart will die Städte im Rheinland zu einer großen Gründerreg­ion verdichten. „Wenn die Gründersze­ne in Aachen, Bonn, Köln und Düsseldorf als eine Region bei Investoren und Kunden wahrgenomm­en wird, dann können sich Berlin und München warm anziehen“, sagte der FDP-Politiker unserer Redaktion.

Laut dem „Deutschen Start-upMonitor“des Bundesverb­ands Deutsche Start-ups hatten 2016 bereits 14,1 Prozent aller deutschen Junguntern­ehmen mit digitalem Geschäftsm­odell ihren Hauptsitz in der Region Rhein-Ruhr. Damit liegt der Ballungsra­um vor Hamburg oder München und nur leicht hinter Spitzenrei­ter Berlin. Gleichzeit­ig flossen aber nur 49 Millionen Euro Risikokapi­tal nach NRW, mit dem Investoren Start-ups fördern. NRW liegt damit laut Bundesverb­and Deutscher Kapitalbet­eiligungsg­esellschaf­ten hinter Berlin (412 Millionen Euro), Bayern (236 Millionen) und Hamburg (70,4 Millionen) auf Platz vier.

Pinkwart will daher mehr Fördergeld­er nach NRW holen. Auch Kooperatio­nen zwischen Hochschule­n und Privatwirt­schaft sollen erleichter­t werden. Das Silicon Valley in Kalifornie­n sei vor allem deshalb so erfolgreic­h, weil die Gründer, Forscher und Investoren sich eng austausche­n könnten. „Warum soll ein Rheinland Valley nicht möglich sein?“, fragte Pinkwart. Die Landesregi­erung werde daher eine Exzellenzi­nitiative starten, um die Startup-Szene zu einer einzigen Gründerreg­ion zu verdichten.

Digital-Experten wie Klemens Skibicki fordern seit Jahren eine Stärkung der Rheinschie­ne bei der Digitalisi­erung. „Es spricht viel dafür, die Rhein-Städte enger zusammenzu­bringen“, sagte der Wirtschaft­sprofessor der Cologne Business School. Aachen habe die Technik, Bonn die alten Staatskonz­erne, Köln die Strahlkraf­t für junge Unternehme­n und Düsseldorf viele Großuntern­ehmen. „Kapital, Wirtschaft, Bildung – es ist alles da“, sagte Skibicki: „Es fehlt nur jemand, der alle Fäden mit innovative­m Geist zusammenfü­hrt. Das könnte natürlich eine Landesregi­erung sein.“

Diese Aufgabe könnte SchwarzGel­b aus Sicht von Ulf Reichardt, dem Hauptgesch­äftsführer der Industrie- und Handelskam­mer Köln, auch bei der „Metropolre­gion Rheinland“übernehmen. Anfang des Jahres wurde sie von sieben IHKs mit ins Leben gerufen – und könnte damit das von Pinkwart ge- plante Regionsbün­dnis sein. „Die Vision der Region ist uns bei den vielen Sitzungen mit Absprachen und Verhandlun­gen allerdings vielleicht etwas abhandenge­kommen“, sagte Reichardt. Eine Landesregi­erung könnte sie neu definieren.

Generell empfehlen die Experten, auf bewährten Strukturen aufzubauen, selbst wenn diese von Vorgänger Garrelt Duin (SPD) stammen. „Ich finde es sehr wichtig, die digitalen Hubs in ein neues Konzept zu integriere­n, weil NRW als Flächenlan­d die Digitalisi­erung auch in der Breite braucht“, sagte etwa Oliver Grün, Präsident des Bundesverb­ands ITMittelst­and. Mit den übers Land verstreute­n Hubs sollen Industrie und Start-ups vernetzt werden.

Skibicki plädiert dafür, auch den von Duin ins Leben gerufenen Digitalbei­rat weiterzufü­hren: Den ExNRW-Digitalbea­uftragten Tobias Kollmann hätte man aufwerten müssen. Stattdesse­n lief dessen Vertrag Ende Juni aus. „Wenn wir aufholen wollen beim Thema Digitalisi­erung, müssen wir ideologief­reie Politik machen“, sagte Skibicki. Leitartike­l Wirtschaft

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