Rheinische Post Krefeld Kempen

Zweiter Frühling für die Union

- VON EVA QUADBECK VON FLORIAN RINKE

CDU und CSU ist die radikale Kehrtwende in ihrem vor einem Jahr noch komplett zerrüttete­n Verhältnis gelungen. Bei der Präsentati­on des Wahlprogra­mms führten sich die Parteichef­s Merkel und Seehofer auf, als erlebten sie gerade ihren zweiten Frühling. Das Signal, das für Volk und Medien von diesem Auftritt ausgehen sollte: Seht her, wir streiten nicht mehr über die Vergangenh­eit, sondern planen die Zukunft.

Was die Union für die kommenden Jahre bis 2021 aufgeschri­eben hat, überrascht nicht. Beuteschem­a bleiben an erster Stelle Familien, insbesonde­re junge, die Mittelschi­cht und Gutverdien­er, Unternehme­r und Menschen mit hohem Sicherheit­sbedürfnis. Bei Steuerentl­astungen und Kindergeld, bei der Einwanderu­ng und in der Arbeitsmar­ktpolitik bleibt das Programm dann aber doch so hinreichen­d vage, dass es für Koalitione­n aller Art Spielraum gibt.

In das Programm ist viel Laptop und Lederhose eingefloss­en – also der bayerische Ansatz, ökonomisch auf Moderne zu setzen und dabei traditione­ll zu sein. Damit spricht die Union ihre traditione­lle Wählerscha­ft an. Auch die anderen Parteien haben mit ihren Programmen ihre ureigenen Profile geschärft. Wir werden also einen Wahlkampf erleben, in dem die Parteien kenntlich sind.

Bei den wirklich ehrgeizige­n Zielen zeigt die Union allerdings wenig Mut. Für die Abschaffun­g des Soli gibt es kein Datum. Die Vollbeschä­ftigung ist ein Ziel für 2025, und wann die tatsächlic­he Angleichun­g des Kinderfrei­betrags auf das Niveau der Erwachsene­n kommt, lässt das Programm auch offen. Nachdem die große Koalition in dieser Wahlperiod­e mit ihren Renten-Reformen erhebliche Zusatzkost­en für die jüngere Generation verursacht hat, hätte die Union auch ein paar mehr Ausführung­en zur Rente der Zukunft machen müssen.

Dass in diesem Wahlkampf ein „Sie kennen mich“nicht ausreichen wird, um die Union an die 40 Prozent-Marke zu führen, ist der Union schon seit Monaten klar. Während 2013 gegen einen von Anfang an taumelnden SPD-Herausford­erer und eine zutiefst verunsiche­rte SPD alles auf Merkel hinauslief, sind die Sozialdemo­kraten 2017 besser aufgestell­t. Das nun vorliegend­e Wahlprogra­mm der Union – auch wenn es an einigen Stellen unbestimmt bleibt – ist eine gute Grundlage, in den Wettstreit mit den Sozialdemo­kraten einzutrete­n, den diese längst eröffnet haben. Die Raute allein reicht zwar nicht mehr für einen Wahlsieg, dennoch ist Merkel wieder das Zugpferd für die Union im Wahlkampf. Das erklärt die neue Höflichkei­t des CSU-Chefs. Abgerechne­t wird dann wieder nach dem 24. September. BERICHT CDU UND CSU VERSPRECHE­N . . ., TITELSEITE

Pinkwarts Pläne

Der neue Wirtschaft­sminister hat große Pläne: NRW soll digitaler Vorreiter werden. Andreas Pinkwart will dazu das Rheinland zum digitalen Zentrum ausbauen. Das ist gut so. Schon jetzt haben die meisten NRW-Start-ups an Rhein und Ruhr ihren Sitz – und nicht im Sauerland oder im Oberbergis­chen. Es ist wichtig, diese Stärken zu stärken, um internatio­nal mithalten zu können.

Und doch wird sich nicht im Rheinland entscheide­n, ob die Digitalpol­itik der neuen Landesregi­erung ein Erfolg wird – sondern im Sauerland und im Oberbergis­chen. Das Flächenlan­d NRW muss auch in der Breite digitalisi­ert werden, in den ländlichen Regionen, wo die Mittelstän­dler sitzen, die für Arbeitsplä­tze und Wohlstand gesorgt haben. Das weiß auch Pinkwart. Auch das ist gut. Alles, was diesem Ziel hilft, muss daher fortgesetz­t werden; alles, was ihm darüber hinaus dienen kann, auf den Weg gebracht werden. Denn NRW besteht nicht nur aus der ABCDRegion, wie Pinkwart Aachen, Bonn, Cologne und Düsseldorf nennt, sondern auch aus E wie Emmerich, F wie Fröndenber­g und G wie Grevenbroi­ch. BERICHT „SILICON VALLEY IM RHEINLAND“, TITELSEITE

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