Rheinische Post Krefeld Kempen

Bewährung für Bundeswehr-Ausbilder

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Er soll einer Rekrutin während einer Feier übers Gesicht geleckt haben.

AHLEN (dpa) In einem Punkt waren sich fast alle Zeugen und der Angeklagte einig. Der Abschlussa­bend zum Ende der Grundausbi­ldung sollte ein richtiger Kracher werden. Und so wurde dann gefeiert – mit viel Alkohol. Es war so wild, laut und heftig, dass der Wirt des Vereinslok­als an einem Sportplatz in Ahlen seitdem nie wieder Soldaten-Feiern zulässt. „Was für eine Bande“, sagte der 68-Jährige gestern im Zeugenstan­d vor dem Amtsgerich­t Ahlen aus.

Ob der Abend jetzt aus dem Ruder gelaufen war oder für so einen Gruppenabe­nd alles ganz normal verlief, darüber gingen die Meinungen gestern vor Gericht auseinande­r. Aufgefloge­n war das Ganze, weil die Polizei anrücken musste. Zwei Soldaten hatten sich gestritten, ein Messer war im Spiel. Daran war der angeklagte Ausbilder nicht beteiligt. Bei den anschließe­nden Ermittlung­en durch den Kompaniech­ef der Westfalenk­aserne aber kam ans Licht, was die Staatsanwa­ltschaft später zur Anklage bringt: Körperverl­etzung, Nötigung, Misshandlu­ng und entwürdige­nde Behandlung von Untergeben­en sowie Befehlsmis­sbrauch.

Zum Ende der gestrigen Beweisaufn­ahme steht für das Gericht fest: Einiges war nicht so, wie in der Anklage behauptet, an drei Punkten aber gibt es keine Zweifel. So soll der Ausbilder einer 18-jährigen Rekrutin über das Gesicht geleckt und sie zu seinem Eigentum erklärt haben. Einem Untergeben­en boxte er in den Unterleib, von einem anderen forderte er unter entwürdige­nden Bedingunge­n Entschuldi­gungen für sein Verhalten in der Grundausbi­ldung. Das Gericht verurteilt ihn zu einer Haftstrafe von fünf Monaten, die auf Bewährung ausgesetzt wird. Dass er einen anderen Rekruten entwürdige­nd zur wilden Sauferei gezwungen hatte, dafür sah das Gericht keine Beweise. „Der Zeuge hat uns hier glaubhaft erzählt, dass er sich besaufen wollte“, sagte die Richterin in der Urteilsbeg­ründung. Der 19-jährige Soldat hatte ausgesagt, dass er bereits nach zwei Stunden nicht mehr aufnahmefä­hig gewesen sei. „Ich hatte Lust, mich zu betrinken. Das ging von mir aus. Mein Vorgesetzt­er hatte zwar den Vorschlag für ein Trinkspiel gemacht, ich habe das aber nicht als Befehl aufgefasst“, sagte der Soldat am ersten Verhandlun­gstag aus.

Mit dem Urteil ging das Gericht deutlich über die Forderung der Staatsanwa­ltschaft hinaus. Die hatte sich für eine Geldstrafe ausgesproc­hen. Der Verteidige­r dagegen hatte auf Freispruch plädiert. Nach seiner Meinung haben sich die Zeugen alle eher unglaubwür­dig präsentier­t.

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