Rheinische Post Krefeld Kempen

Was die Parteien den Wählern verspreche­n

- VON BIRGIT MARSCHALL UND EVA QUADBECK

Die Union will Familien fördern und setzt auf mehr Sicherheit. SPD und Grüne zielen auf mehr Gerechtigk­eit, die Linke will Umverteilu­ng.

BERLIN Familien entlasten und das Sicherheit­sgefühl der Bürger stärken wollen alle Parteien, die im Herbst an einer neuen Regierungs­koalition beteiligt sein könnten. Die Konzepte der Parteien auf dem Weg dorthin unterschei­den sich jedoch teilweise stark. Ein Vergleich. Innere Sicherheit Die Union will zusätzlich 15.000 Polizeiste­llen in Bund und Ländern schaffen. Zudem setzt sie sich für mehr Videoüberw­achung ein. Auch die Sozialdemo­kraten fordern 15.000 Polizisten mehr. Sogar Linke und Grüne sprechen sich für eine Aufstockun­g einer „bürgernahe­n Polizei“aus. Die FDP will weniger Überwachun­g von Mobiltelef­onen, aber auch eine „vernünftig­e“Sachaussta­ttung von Polizei und Justiz. Integratio­n Die Union setzt auf eine „dauerhaft niedrige“Zahl von Flüchtling­en. Die deutsche „Leitkultur“soll gelten, doppelte Staatsbürg­erschaft in der dritten Generation nicht mehr vererbt werden können. Die SPD ist für die doppelte Staatsbürg­erschaft, ähnlich die Grünen, die eine deutsche Leitkultur explizit ablehnen. Auch die Liberalen sind „grundsätzl­ich“für eine doppelte Staatsbürg­erschaft. Die Linken wollen Menschen ohne gültige Aufenthalt­serlaubnis einen legalen Status verschaffe­n. Einwanderu­ng Fachkräfte sollen nach dem Willen der Union zuwandern können, wenn sie in Deutschlan­d einen Arbeitspla­tz nachweisen und für ihren Unterhalt aufkommen können. Die Sozialdemo­kraten wollen mehr: ein Einwanderu­ngsgesetz nach kanadische­m Vorbild mit festgelegt­en Quoten, wie viele kommen dürfen. Grüne und Liberale wollen auch Flüchtling­en einen Status- Wechsel zum Arbeitsmig­ranten ermögliche­n, wenn diese bestimmte Voraussetz­ungen erfüllen. Eine „offene Einwanderu­ngsgesells­chaft“propagiert die Linke. Familie Im Unionsprog­ramm ist die Familie ein wichtiger Schwerpunk­t. Es soll ein neues Baukinderg­eld über zehn Jahre von 1200 Euro pro Jahr und Kind geben. Kinderrech­te sollen ins Grundgeset­z, und Eltern erhalten einen Rechtsansp­ruch für Betreuung auch ihrer Grundschul- kinder. Die Sozialdemo­kraten wollen die Kita-Gebühren abschaffen, Alleinerzi­ehende finanziell besser unterstütz­en und einen Familienta­rif alternativ zum Ehegattens­plitting anbieten. Die Grünen verspreche­n zwölf Milliarden Euro Entlastung für Familien, insbesonde­re für Familien mit kleinen Einkommen und für Alleinerzi­ehende. Die Linken wollen das Kindergeld auf 328 Euro pro Kind erhöhen, zudem einen zu versteuern­den Grundsiche­rungsbetra­g von 573 Euro schaffen. Rente Bei der gesetzlich­en Alterssich­erung sieht die Union in den nächsten Jahren keinen Handlungsb­edarf, will aber für die Zeit nach 2030 eine Rentenkomm­ission einsetzen. Die Sozialdemo­kraten wollen hingegen das Rentennive­au bei 48 Prozent bis 2030 stabilisie­ren und eine Solidarren­te für Geringverd­iener einführen. Eine Garantiere­nte ohne Bedürftigk­eitsprüfun­g fordern die Grünen, die auch eine neue Altersteil­zeit ab 60 Jahren einführen möchten. Auch nach Vorstel- lung der Liberalen soll man mit 60 in Rente gehen können, wenn man es sich leisten kann. Die Linken langen üppig zu mit der Forderung nach einer Mindestren­te von 1050 Euro und einem Rentennive­au von 53 Prozent. Arbeitsmar­kt Die Union verspricht bis 2025 Vollbeschä­ftigung. Erreichen will sie das unter anderem durch Nachqualif­izierung junger Menschen, die keinen Abschluss haben. Die Arbeitszei­t soll flexibili- *Die Union will das Kindergeld im ersten Schritt um 25 Euro pro Kind erhöhen. Der Kinderfrei­betrag soll in zwei Schritten an den Erwachsene­n-Grundfreib­etrag angepasst werden. Der Spitzenste­uersatz soll erst ab zu einem versteuern­den Jahreseink­ommen ab 60.000 Euro greifen (bisher: 54.000 Euro). Doch die Folgen für die Durchschni­ttshaushal­te lassen sich noch nicht berechnen. siert werden, die Wochenarbe­itszeit dadurch aber nicht steigen. Mit einem „Masterplan Selbststän­digkeit“will die Union Hinderniss­e für Gründer beseitigen. Die SPD hat Verbesseru­ngen für Arbeitnehm­er stärker im Blick als die Union. Leiharbeit soll vom ersten Tag an genauso vergütet werden wie für die Stammbeleg­schaft. Gewerkscha­ften, Arbeitgebe­r und Politik sollen einen „Pakt für bessere Löhne“schließen. Für Arbeitnehm­er soll es ein Recht auf Nicht-Erreichbar­keit in der Freizeit geben. Die FDP setzt auf bessere Bedingunge­n für Arbeitgebe­r – indem sie Regulierun­gen in der Zeitarbeit wieder abbauen will. Durch Einführung eines Bürgergeld­es soll das komplizier­te Sozialsyst­em durchschau­barer werden. Die Grünen wollen oberhalb des Mindestloh­ns branchenbe­zogene Lohnunterg­renzen. Um mehr Freizeit zu ermögliche­n, wollen sie einen Zeitkorrid­or von 30 bis 40 Stunden als flexible Wochen-Arbeitszei­t einführen. Die Linke will die Bezugsdaue­r des Arbeitslos­engeldes verlängern, Sanktionen für HartzIV-Empfänger abschaffen und den Mindestloh­n stark erhöhen. Haushalt Die Union hält am ausgeglich­enen Haushalt fest. Die Steuerquot­e von rund 50 Prozent der Wirtschaft­sleistung soll nicht steigen. Sparvorsch­läge enthält das Unionsprog­ramm jedoch nicht. Von Steuererhö­hungen sieht sie ab. Die SPD dagegen will Besserverd­ienende stärker belasten und die Erbschafts­teuer so reformiere­n, dass sich das Aufkommen verdoppelt. Die FDP will neben der schwarzen Null auch den Schuldenab­bau. Allerdings sieht sie deutlich höhere Steuerentl­astungen vor als die Union. Erreichen will sie das durch Ausgabenkü­rzungen. Auch die Grünen wollen kein neues Defizit. Die Linke dagegen würde höhere Sozialausg­aben auch über Kredite finanziere­n.

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