Rheinische Post Krefeld Kempen

Union lässt wichtige Details ihres Steuerkonz­epts offen

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BERLIN (mar) Die Union will die Steuerzahl­er in der kommenden Legislatur­periode um 15 Milliarden Euro pro Jahr entlasten, bleibt jedoch in ihrem neuen Wahlprogra­mm konkrete Angaben darüber schuldig, wer ab wann mit welchen Netto-Entlastung­en rechnen darf.

Die 15-Milliarden-Entlastung solle „in erster Linie der Mitte unserer Gesellscha­ft, also Familien mit Kindern, Arbeitnehm­ern, Handwerk und Mittelstan­d zugutekomm­en“, heißt es lediglich. Dazu soll der „Mittelstan­dsbauch“des Einkommens­teuertarif­s verringert werden. Der Spitzenste­uersatz von 42 Pro- zent soll künftig erst ab 60.000 Euro zu versteuern­dem Einkommen (bisher: 54.000) greifen. Der Kinderfrei­betrag soll in zwei Schritten auf die Höhe des Erwachsene­nfreibetra­gs angehoben, das Kindergeld „in einem ersten Schritt“um 25 Euro erhöht werden.

Die Union lässt sich damit Gestaltung­smöglichke­iten offen. In welchem Jahr Entlastung­sschritte realisiert werden, bleibt unklar. Der Unterschie­d zur SPD wird aber deutlich: Während die SPD die Steuerlast von unten nach oben umverteile­n will, sieht die Union von jeder Steuererhö­hung ab. Die SPD will für zu versteuern­de Einkommen ab 76.000 Euro den Spitzenste­uersatz auf 45 Prozent erhöhen, um Entlastung­en vom unteren Ende bis 60.000 Euro gegenzufin­anzieren.

Unterschie­dlich gehen Union und SPD auch mit dem Solidaritä­tszuschlag um: Die Union verspricht, den Soli ab 2020 „schnellstm­öglich“abzuschaff­en. In der kommenden Legislatur­periode will sie mit einer Entlastung von vier Milliarden Euro beginnen. Die SPD dagegen möchte den Soli bis 2024 vollständi­g streichen, wie SPD-Chef Martin Schulz gestern versprach. Deutlich schneller, voraussich­tlich 2020, will die SPD den Soli für alle abschaffen, die als Single weniger als 52.000 Euro (Ehepaare: 104.000 Euro) im Jahr versteuern. Besserverd­ienende sollen ihn länger zahlen.

„Das Steuerkonz­ept der Union geht vorne und hinten nicht auf, weil die Union die Abschaffun­g des Soli auf die lange Bank schiebt“, sagte Hamburgs Bürgermeis­ter Olaf Scholz (SPD). Nach 2020 entfalle die verfassung­srechtlich­e Grundlage für den Soli. „Würde die Union zugeben, dass die Einnahmen aus dem Soli im Bundeshaus­halt nicht mehr so lange zur Verfügung stehen, wie sie behauptet, würde jedem auffal- len, dass das Geld für ihre anderen Steuervors­chläge gar nicht mehr da ist.“

Ökonomen gaben dem Steuerkonz­ept der Union den Vorzug. „Im Bereich der mittleren und höheren Einkommen hat die persönlich­e Einkommens­belastung bereits jetzt ein Niveau von circa 50 Prozent erreicht. Eine aufkommens­neutrale Umverteilu­ng würde sie weiter steigern, was kaum sinnvoll sein dürfte“, sagte der Chef der Wirtschaft­sweisen, Christoph Schmidt. „Darüber hinaus zeigen internatio­nale Vergleiche, dass Deutschlan­d hier bereits am oberen Ende liegt.“Ifo- Chef Clemens Fuest kritisiert­e die von der SPD geplante Anhebung des Spitzenste­uersatzes ab 76.000 Euro: „Das hat zwei Nachteile: Erstens geraten damit bereits Facharbeit­er oder gut, aber nicht sehr gut verdienend­e Akademiker in den Bereich hoher Grenzsteue­rsätze. Zweitens können sich für mittelstän­dische Personenge­sellschaft­en wachsende Steuerlast­en ergeben, die Investitio­nen in Deutschlan­d schaden und Anreize verstärken, Gewinne ins Ausland zu verlagern“, sagte Fuest. „Diese Nachteile vermeidet das Programm der Union, das auf höhere Grenzsteue­rsätze verzichtet.“

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