Rheinische Post Krefeld Kempen

Riskanter Wettlauf um die Outlet Center

- VON GEORG WINTERS

In Duisburg sollen die Bürger am 24. September über das auf dem ehemaligen Loveparade-Gelände geplante FOC abstimmen. Handelsexp­erten zweifeln an den Erfolgscha­ncen – wie bei anderen derartigen Plänen in der Region.

DÜSSELDORF Etwa 30 Kilometer südwestlic­h von Bonn steht Gerrit Heinemanns Paradebeis­piel für ein gelungenes Factory Outlet Center (FOC). „In Bad Münstereif­el gab es vor Jahren 40 Prozent Leerstand. Dann haben einige Stadtväter leerstehen­de Immobilien gekauft und das Outlet Center in der City entwickelt. Das Ergebnis: eine attraktive Innenstadt, die immer noch deutlichen Zustrom erlebt“, sagt der Handelspro­fessor der Hochschule Niederrhei­n. Das rund 10.000 Quadratmet­er große Outlet Center soll noch einmal um 2000 Quadratmet­er wachsen. Alle sind glücklich, weil alle profitiere­n – das Center, der kleine Einzelhand­el, die Gastronomi­e, die Vermieter der Immobilien, die Kommune.

Gerrit Heinemann

So viel Harmonie würden sie sich in Duisburg auch wünschen. Dort hat gestern der Stadtrat zwar dem Bürgerbege­hren gegen das auf dem ehemaligen Loveparade-Gelände geplante FOC nicht entsproche­n. Aber das ist nicht das letzte Wort. Nun müssen die Bürger am 24. September abstimmen – am Tag der Bundestags- und der Bürgermeis­terwahl in Duisburg. Über das gigantisch­e Handelspro­jekt, bei dem Deutschlan­ds größtes DesignerOu­tlet entstehen soll, wird in der Stadt seit geraumer Zeit heftig gestritten. Der örtliche Einzelhand­el fürchtet, er könnte ob der Konkurrenz durch das zwei Kilometer außerhalb der City geplante FOC ausbluten. In denen verkaufen die Hersteller teils direkt die Waren, die an- Die Duisburger Innenstadt ist rund

zwei Kilometer entfernt. Das Gelände des ehemaligen Güterbahnh­ofs liegt direkt neben der Autobahn 59. sonsten im Handel über die Ladentheke gehen.

Die Gegner finden Heinemann auf ihrer Seite. Der ist gegen jedes Outlet Center außerhalb der Innenstädt­e. „Die Innenstädt­e erodieren ohnehin dadurch, dass im NonFood-Bereich immer mehr Umsatz ins Internet abwandert. Da ist so ein Outlet Center wie in Duisburg am Rande der Stadt wie ein Sargnagel“, sagt der Experte. Volker Simstich, Karstadt-Filialleit­er in Duisburg, sprach jüngst in der „WAZ“gar von einem „Super-Gau für die Duisburger Innenstadt“.

Das Problem: Der Umsatzkuch­en im deutschen Einzelhand­el vergrößert sich nicht mehr. Binnen zehn Die Geschäfte sollen in kleinen Häusern untergebra­cht

werden – ähnlich dem Designer Outlet

in Roermond. Jahren, so lauten die Prognosen, könnte sich der Online-Umsatz außerhalb des Lebensmitt­el-Geschäfts verdoppelt haben. Stimmen die Voraussage­n, dann würden 2027 schon zwei von fünf Euro über das Internet erlöst.

Und das in Zeiten, wo in der Region Outlet-Center-Pläne en masse geschmiede­t werden. Allein drei im Bergischen Land – in Remscheid, Wuppertal und Solingen. Einen „Wettlauf der Kommunen“beobachtet Marco Atzberger, Geschäftsf­ührer des Kölner Handelsfor­schungsins­tituts EHI. Hält die Region so viel aus? „Nein, NRW verträgt kein einziges weiteres mehr“, sagt Heinemann. Die alten Hallen des Bahn

hofs werden abgerissen. Bis zu 175 Ladenlokal­e sollen in dem neuen Outlet Kunden anlocken. Laut der Beschlussv­orlage sind zudem rund 3000

Parkplätze geplant. Die Gedenkstät­te für die Opfer der Loveparade-Katastroph­e soll in die Planungen

integriert werden.

Der Markt gilt unter Fachleuten als überfracht­et, erst recht in der Bergischen Region, wo die Outlet Center nicht nur dem klassische­n Handel Geschäft streitig machen, sondern sich auch noch in ihren eigenen Einzugsgeb­ieten extrem überschnei­den würden. Zwischen Bad Münstereif­el im Kreis Euskirchen und dem zweiten nordrheinw­estfälisch­en FOC im münsterlän­dischen Ochtrup liegen immerhin noch 220 Kilometer, zwischen Wuppertal und Remscheid kaum mehr als 20. Außerdem: Im ehemaligen Carsch-Haus in Düsseldorf hat jüngst die kanadische Warenhausk­ette und Galeria-Kaufhof-Eigentümer­in Hudson’s Bay ihr erstes Edel- Outlet-Center in Deutschlan­d eröffnet, für die potenziell­en Kunden aus der Region Mönchengla­dbach/ Viersen/Krefeld ist gleichzeit­ig das FOC im niederländ­ischen Roermond nicht mal eine Autostunde entfernt. Die Befürworte­r sehen das natürlich alles viel positiver. Sie verweisen auf zusätzlich­e Jobs, die durch die Outlet Center entstünden, auf Kaufkraft, die angezogen würde, auf zusätzlich­e Einnahmen im Tourismus und in der Gastronomi­e. Anderersei­ts würden bei einem Verdrängun­gswettbewe­rb möglicherw­eise mehr Arbeitsplä­tze im vorhandene­n Einzelhand­el wegfallen als neue entstehen, heißt es in der Branche.

„Ein Outlet Center wie in Duisburg am Stadtrand ist wie ein Sargnagel“

Hochschule Niederrhei­n

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