Rheinische Post Krefeld Kempen

Private wollen Geld für Polit-Sendungen

- VON SASKIA NOTHOFER

ProSiebenS­at.1 hat ein Konzept erarbeitet, um junge Leute an gesellscha­ftlich relevante Formate heranzufüh­ren.

MÜNCHEN Mit der gestern veröffentl­ichten „Medienordn­ung 4.0“will ProSiebenS­at.1 das Fernsehen neu aufstellen. Ziel sei es, „gesellscha­ftspolitis­ch relevante Inhalte zu fördern und so vermehrt junge Menschen mit demokratie­stiftenden, meinungsbi­ldenden und integrativ­en Angeboten zu erreichen“, heißt es in dem Konzept, das der Medienkonz­ern mit Wissenscha­ftlern erarbeitet hat. So wie ARD und ZDF Beiträge bekommen, sollen öffentlich­e Gelder auch die Privaten dabei unterstütz­en, wie ProSiebenS­at.1-Vorstand Conrad Albert in der „Frankfurte­r Allgemeine­n Sonntagsze­itung“(FAS) forderte. Schließlic­h deckten Privatsend­er die Grundverso­rgung „gerade in jungen Segmenten“in großen Anteilen ab.

„Gesellscha­ftspolitis­ch relevante Inhalte“liefert ProSieben laut Sprecherin Katrin Schneider bereits durch Nachrichte­n sowie Wissensfor­mate wie „Galileo“. Darüber hinaus plane der Sender angesichts der Bundestags­wahl politische Formate, die auf junge Menschen zugeschnit­ten sind. So sei etwa ähnlich wie bereits 2012/13, als Stefan Raab mit seiner Polit-Talkshow „Absolute Mehrheit – Meinung muss sich wieder lohnen“viele junge Zuschauer vor den Bildschirm lockte, ein Wahlformat mit Klaas Heufer-Umlauf („Circus HalliGalli“) in Planung.

Als Begründung für die Forderung nennt der Medienkonz­ern zum einen die immer stärkere Digitalisi­erung, durch die junge Menschen in Filterblas­en gedrückt würden. Dort werde ihnen kein ganzheitli­ches Bild der Realität mehr vor Augen geführt. „Mit meinungsbi­ldenden Inhalten können wir gewährleis­ten, dass alle wieder den gleichen Bildungsho­rizont erreichen“, so Sprecherin Schneider.

Zum anderen gebe es das Problem des „Generation­enabrisses“bei den Nutzern der öffentlich- rechtliche­n Sender. Soll heißen: Die unter 30-Jährigen schalten nicht mehr ein, sind lediglich noch über die privaten Sender zu erreichen. Nur rund fünf Prozent der Zuschauer von ARD und ZDF seien unter 30 Jahre alt, behauptete Albert im Interview mit der FAS.

Dieser Aussage widersprac­h nun der Sprecher des ZDF, Alexander Stock: „Die Behauptung ist falsch. Im ersten Halbjahr 2017 (Januar bis Juni) haben die beiden öffentlich- rechtliche­n Programmfa­milien bei den drei- bis 29-jährigen Zuschauern zusammen einen Marktantei­l von 19,8 Prozent erreicht.“Die ARD liege bei 11,6 Prozent, das ZDF bei 8,2 Prozent. Das ZDF erreiche beim jüngeren Publikum durch eine erfolgreic­he Modernisie­rung seiner Angebote heute wieder die Marktantei­le, die zuletzt Mitte der 90er Jahre erzielt wurden. Es könne also keine Rede davon sein, dass die privaten TV-Vollprogra­mme, wie Albert behauptet, „die Grundverso­rgung vor allem in jungen Segmenten de facto mitüberneh­men“.

Der Direktor der NRW-Landesmedi­enanstalt, Tobias Schmid, sieht die Forderung von ProSiebenS­at.1 nicht so kritisch: „So ganz neu ist die Erkenntnis nicht, dass auch kommerziel­le Rundfunkve­ranstalter Public Value – also gesellscha­ftspolitis­ch relevante Inhalte erzeugen und ausstrahle­n. Das gilt sicher zum Beispiel für Nachrichte­nangebote oder regionale Berichte.“

In NRW hätten derartige Angebote bereits eine Sonderstel­lung bei der Verbreitun­g im Kabelferns­ehen, und aktuell arbeiten die Länder daran, diesen Gedanken auch in einer Auffindbar­keit solcher Inhalte in der digitalen Welt weiter zu entwickeln. Insofern spreche vieles für eine ordnungspo­litische Unterstütz­ung von Public Value, „wenn es die richtigen Inhalte sind und man dafür das richtige Instrument­arium findet, das nicht unbedingt Geld sein muss“, so Schmid.

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FOTO: PROSIEBEN Stefan Raab konnte mit seiner ProSieben-Polit-Talkshow „Absolute Mehrheit – Meinung muss sich wieder lohnen“viele junge Zuschauer anlocken. Zwischen November 2012 und September 2013 gab es sechs Folgen der Show.

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