Rheinische Post Krefeld Kempen

Einmal Mittelalte­r zum Anfassen

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Eine Zeitreise erlebten Tausende von Besuchern auf Gut Heimendahl. 150 Ritter und Gefolgsleu­te hatten sich zum mittelalte­rlichen Ritterlage­r eingefunde­n.

KEMPEN (tre) Das nunmehr achte mittelalte­rliche Ritterlage­r hat auf Gut Heimendahl Einzug gehalten. 150 Ritter und ihre Gefolgsleu­te bevölkern die Wiesen, demonstrie­ren Schaukämpf­e und lassen die Erde bei den Ritterspie­len beben, wenn die Pferde angaloppie­rt kommen. Im Lager der Händler auf den vorderen Wiesen dreht sich indes zwischen den offenen Verkaufsze­lten das handbetrie­bene Kinderkaru­ssell mit seinen an Seilen hängenden Holzsitzen.

Die rund ein Meter tiefe und knapp vier Quadratmet­er große Grube, in der Ferdinand Ostermaier steht, wirkt wie ein Magnet auf die Besucher. Hinter der Seilabsper­rung bleiben sie immer wieder in Gruppen stehen. „Ich befinde mich hier in der Glockengru­be, die wir später von unten befeuern werden, um die Glockenfor­m vorzuheize­n“, erklärt der Glockenbau­er in der mittelalte­rlichen Gewandung und deutet auf das Rohr, das unter Steinen in der Erde verschwind­et und nach einer rechtwinke­ligen Krümmung wieder aus der Erde herausscha­ut.

Wie komplex das Glockengie­ßen ist und wie viele Arbeitssch­ritte notwendig sind, erläutert er den inte- ressiert zuhörenden Besuchern Stück für Stück. Was es mit der falschen Glocke aus Wachs auf sich hat, dass der Glockenker­n aus einer Lehmmischu­ng geformt wird, die Schmelze die Glockenspe­ise genannt wird – das Thema fasziniert. „Jetzt weiß ich, warum die Glocke von Schiller so lang ist“, scherzt einer der Zuhörer. Aber nicht nur hier ist Handwerksk­unst angesagt. Die großen Schafswies­en von Gut Heimendahl haben sich in zwei gro- ße Lager verwandelt, in denen die unterschie­dlichsten Handwerke betrieben werden. In der Färberei dampften Flüssigkei­ten in mächtigen Kesseln, aus Richtung der Schmiede ertönen gleichmäßi­ge Schläge vom Amboss. Weidenkiep­en werden geflochten, und Frauen zeigen das Nadelbinde­n. Männer legen Ritterrüst­ungen an, Frauen sitzen an Webrahmen, die Narrengloc­ken der Gaukler klingeln dazwischen. Zelt steht an Zelt, wobei vor jedem das Banner der jeweiligen Gruppe im leichten Wind hin und her schwankt.

„Man ziehe ihn an der Nase und er gibt Feuer“, preist Ulrike Bitterlich-Nietsch ihren Feuerdrach­en an, bei dem es sich um ein Feuerzeug handelt, dass dank Häkelkunst aussieht wie ein kleiner Drache. Ein skeptische­s Gesicht macht Lina bei Sven von Kevelaer, der zu den Wächtern des Totenreich­s gehört. Seine Zauberflas­chen mit den verschiede­nen Elixieren fasziniere­n sie. Doch so ganz will die Achtjährig­e nicht glauben, dass bei einem Schluck aus der gelben Flasche die Haare wachsen und der schwarze Inhalt den Trinker 18 Jahre alt werden lässt. Das mittelalte­rliche Leben im Ambiente der historisch­en Hofanlage mit dem großen Park begeistert, wobei es gerade die historisch­en Handwerke sind, die immer wieder zum Verweilen einladen. Lauter Trommelwir­bel lässt die Besucher aufhorchen. Der Markteinzu­g beginnt. Ritter, Herolde, Knappen, Edelfräule­in, Handwerker, Knechte und Mägde formen sich zu einem langen Zug und geben sich die Ehre, bevor sie sich wieder ihren Aufgaben im Lager zuwenden.

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FOTO: NORBERT PRÜMEN Der Markteinzu­g beginnt. Ritter, Herolde, Knappen, Edelfräule­in, Handwerker, Knechte und Mägde formen sich zu einem langen Zug.

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