Rheinische Post Krefeld Kempen
Möglicher Wahlbetrug: Gab es Drogen für eine Unterschrift?
Gestern sagte ein weiterer Zeuge aus. Er habe nicht gewusst, dass er mit seiner Unterschrift zustimme, für die NPD bei der Wahl in Kempen zu kandidieren.
KEMPEN/KREFELD An der 2. Großen Strafkammer des Krefelder Landgerichts fand gestern der dritte Verhandlungstag des Prozesses gegen drei männliche Angeklagte (30, 32 und 48 Jahre alt) sowie eine weibliche Beschuldigte (29) aus Kempen und Wachtendonk statt. Die Staatsanwaltschaft wirft dem Quartett unter anderem Wahlfälschung, Abgabe falscher eidesstattlicher Versicherung und Urkundenfälschung vor.
Konkret hatte sich der 30-jährige Philippe B. im Mai 2014 in Kempen für die NPD als Bürgermeister- und Stadtratskandidat aufstellen lassen; die 29-Jährige und der 32-Jährige wollten ebenfalls in den Kempener Stadtrat einziehen. Da nicht genügend NPD-Kandidaten für sämtliche Wahlkreise zur Verfügung standen, sollen die Angeklagten deren Existenz für die unbesetzten Wahlkreise vorgetäuscht haben. Eine Reihe von Personen gaben zudem später bei der Polizei zu Protokoll, dass sie ihre jeweilige Unterschrift auf dem entsprechenden Formular „unter falschen Voraussetzungen“geleistet hätten.
So auch ein 25-jähriger Mann, der gestern in den Zeugenstand trat. Er habe unterschrieben, ohne sich klar darüber zu sein, dass er anschlie- ßend ein NPD-Kandidat sei, erklärte er zerknirscht. Zwei Bekannte wären mit „einem Zettel“zu ihm gekommen, Philippe B. sei ebenfalls dabei gewesen und habe ihm „ein Gramm Speed in Aussicht gestellt“. Der Zeuge führte weiter aus, dass er dachte, B. mit einer Unterschrift auf jenem Zettel für das angestrebte Bürgermeister-Amt zu unterstützen. „Auf dem Formular steht aber klar und deutlich, dass Sie sich mit ihrer Unterschrift für eine NPDKandidatur bewerben“, wandte der Vorsitzende Richter ein. Das könne schon sein, meinte der Zeuge, aber er habe das irgendwie alles nicht richtig verstanden und zudem unter Drogeneinfluss gestanden.
Auf Nachfrage des Vorsitzenden betonte Philippe B.: „Ich erklärte ihm und allen anderen Unterzeichnern auch mündlich genau, was sie da unterscheiben, nämlich, dass sie damit Kandidaten sind.“Der Zeuge selbst konnte sich an ein solches Gespräch mit B. nicht erinnern.
Im weiteren Verlauf der Verhandlung entschloss sich die Kammer, das Verfahren gegen die 29 Jahre alte Angeklagte einzustellen, da sie kürzlich wegen anderer Vergehen bereits zu einer Gefängnisstrafe verurteilt worden war und „eine weitere Verurteilung nicht weiter ins Gewicht fallen würde“. Auch der 32 Jahre alte Beschuldigte ist erheblich vorbestraft, unter anderem. wegen Einbruchs, Diebstahls sowie Einfuhr von Betäubungsmitteln.
Der Prozess soll am 25. Juli um 9 Uhr fortgesetzt werden.