Rheinische Post Krefeld Kempen
GASTBEITRAG
Eine Europapolitik der Stabilität und die Einhaltung der Maastricht-Verträge – dafür stand der Kanzler der Einheit für unseren Gastautor. Er verwahrt sich dagegen, dass die Sozialdemokraten Kohls Vermächtnis umdeuten.
Nato dienen und würde die Schaffung einer europäischen Verteidigungsunion befördern. Es wäre zudem ein Trugschluss, zu glauben, dass Europa ohne erhöhte Verteidigungsausgaben imstande sei, die Sicherheit seiner Bürger zu gewährleisten.
Erstaunlich ist auch die Behauptung, Deutschland habe in den vergangenen Jahren seinen europapolitischen Kredit verspielt: Wie stark die Unterstützung für die Kanzlerin trotz unterschiedlicher Ansichten zur Flüchtlingskrise ist, kann man nicht zuletzt bei den Treffen der Staats- und Regierungschefs im Europäischen Rat beobachten. Dabei bemüht sich Deutschland auch in der Diskussion über die Zukunft Europas um einen inklusiven Ansatz: Im Zuge der Diskussionen in den Vormonaten des Gipfels der Staats- und Regierungschefs zum Jubiläum der Römischen Verträge hat die Kanzlerin bewusst auch alle Mitgliedstaaten vorab konsultiert. Auch deshalb erfährt ihre Europapolitik Lob von so unterschiedlichen Politikern wie Winfried Kretschmann (Grüne), Emmanuel Macron und der litauischen Präsidentin Dalia Grybauskaite.
Demgegenüber sorgen einige europapolitische Maßnahmen der letzten sozialdemokratischen Regierung auch heute noch für erhebliche Verwerfungen: der Bruch des Stabilitäts- und Wachstumspaktes, die 1999 voreilig getroffene Entscheidung, der Türkei den Status eines EU-Beitrittskandidaten zu gewähren und eine Russlandpolitik über die Köpfe der damals der EU beitretenden östlichen Länder hinweg. Dagegen sind Solidarität, Stabilität, Vertrauen und Inklusivität unverändert die Grundwerte und Leitbilder christdemokratischer Europapolitik – ganz in der Tradition Helmut Kohls.
Hans-Gert Pöttering (71) ist Vorsitzender der KonradAdenauer-Stiftung. Von Januar 2007 bis Juli 2009 war er der 12. Präsident des Europäischen Parlaments.