Rheinische Post Krefeld Kempen

Das Heimatmini­sterium hat Potenzial

- VON THOMAS REISENER VON HENNING RASCHE TARIFEINHE­IT – DIE FOLGEN DES URTEILS, SEITE B 3 VON REINHARD KOWALEWSKY

Zu den anspruchsv­ollsten Zielen des neuen Koalitions­vertrages gehört dieses: „Ländliche Regionen und Ballungsrä­ume brauchen wieder gleichwert­ige Entwicklun­gschancen.“Über Jahrzehnte hat sich das Gegenteil in NRW verstetigt. Früher ermöglicht­e die Montan-Industrie im Ruhrgebiet mehr Wohlstand als auf dem Land. Heute sind es die Boom-Städte entlang der Rheinschie­ne, die mit ihrem Mix aus guter Infrastruk­tur, attraktive­n Jobs und niedrigem Altersdurc­hschnitt dem Land den Rang ablaufen. Und in Regionen, denen die Bevölkerun­g davonläuft, wird kaum investiert. Diesen Teufelskre­is zu durchbrech­en, ist die eigentlich­e Aufgabe der Heimatmini­sterin.

Auf das Zechenster­ben reagierte das Land mit neuen Universitä­ten im Ruhrgebiet. Das war weitsichti­g. Eine vergleichb­are Leuchtturm-Idee fehlt im neuen Koalitions­vertrag. Aber es gibt gute Ansätze. Die Landarzt-Quote oder der Plan, Kommunen auf dem Land wieder mehr Gestaltung­sspielraum bei der Ausweisung von Gewerbe- und Wohnfläche­n zu gewähren. Auch die Entscheidu­ng, dem Thema ein Ministeriu­m zu widmen, ist gut: Das Heimatmini­sterium könnte ein neues Schlüssel-Ressort werden. Aber auch eine große Blamage. BERICHT NRW: MEHR WOHNUNGEN AN..., TITELSEITE

EBloß nicht anwenden

in schlechtes Gesetz bringt schnelle Einigungen. Das ist die Hoffnung, die sich aus dem Tarifeinhe­itsgesetz ergibt. Die Regeln darin sind so unklar, dass sich Verhandlun­gspartner bei Tarifvertr­ägen angespornt fühlen sollten, es gar nicht erst anzuwenden. Wenn sich Gewerkscha­ften und Arbeitgebe­r einfach an einen Tisch setzen und verhandeln, wären damit mehrere Probleme gelöst.

Wenn bei Tarifverha­ndlungen keine unterschie­dlichen Verträge für dieselbe Berufsgrup­pe abgeschlos­sen werden, dann entsteht keine Konkurrenz­situation zwischen den Gewerkscha­ften. Keiner der Tarifvertr­äge müsste verdrängt werden, das Nahles-Gesetz käme nicht zum Einsatz. Dem Ziel des Gesetzes gelangt man also am nächsten, indem man es gar nicht anwendet. Wie das Arbeitsmin­isterium auf weniger Streiks zu hoffen, erscheint gleichwohl etwas kühn. Denn Lokführer, Piloten, Flugbeglei­ter und Ärzte werden allesamt weiterhin für sich streiken. Dazu, das hat das Bundesverf­assungsger­icht klargestel­lt, haben sie selbstvers­tändlich das Recht. Das kann ihnen auch Andrea Nahles nicht nehmen. BERICHT

Baustelle Thyssenkru­pp

Das neue Sparprogra­mm bei Thyssenkru­pp bestätigt, wie schlecht es einem der bekanntest­en deutschen Konzerne geht: Bis zu 2500 Stellen in der Verwaltung sollen wegfallen, damit die Kosten auf ein wettbewerb­staugliche­s Maß sinken. Betriebsbe­dingte Kündigunge­n werden trotz des starken Einflusses der Gewerkscha­ften nicht komplett ausgeschlo­ssen.

Der Vorstand hat nur wenige Alternativ­en. Nachdem rund acht Milliarden Euro mit Investitio­nen in den USA und Brasilien verbrannt worden sind, hat der Konzern extrem wenig Eigenkapit­al und hohe Schulden. Also müssen die Gewinne im operativen Geschäft steigen, um Investitio­nen abseits der Traditions­parte Stahl finanziere­n zu können.

Die größte Herausford­erung bleibt, eine dauerhafte Lösung für das kapitalint­ensive Stahlgesch­äft zu finden. Konzernche­f Hiesinger will offensicht­lich die Fusion mit dem Konkurrent­en Tata durchsetze­n. Das könnte Überkapazi­täten beseitigen. Die Belegschaf­t sollte sich keinen Illusionen hingeben: Das nächste Sparprogra­mm steht bevor. BERICHT THYSSENKRU­PP STREICHT...., TITELSEITE

Newspapers in German

Newspapers from Germany