Rheinische Post Krefeld Kempen
Das Heimatministerium hat Potenzial
Zu den anspruchsvollsten Zielen des neuen Koalitionsvertrages gehört dieses: „Ländliche Regionen und Ballungsräume brauchen wieder gleichwertige Entwicklungschancen.“Über Jahrzehnte hat sich das Gegenteil in NRW verstetigt. Früher ermöglichte die Montan-Industrie im Ruhrgebiet mehr Wohlstand als auf dem Land. Heute sind es die Boom-Städte entlang der Rheinschiene, die mit ihrem Mix aus guter Infrastruktur, attraktiven Jobs und niedrigem Altersdurchschnitt dem Land den Rang ablaufen. Und in Regionen, denen die Bevölkerung davonläuft, wird kaum investiert. Diesen Teufelskreis zu durchbrechen, ist die eigentliche Aufgabe der Heimatministerin.
Auf das Zechensterben reagierte das Land mit neuen Universitäten im Ruhrgebiet. Das war weitsichtig. Eine vergleichbare Leuchtturm-Idee fehlt im neuen Koalitionsvertrag. Aber es gibt gute Ansätze. Die Landarzt-Quote oder der Plan, Kommunen auf dem Land wieder mehr Gestaltungsspielraum bei der Ausweisung von Gewerbe- und Wohnflächen zu gewähren. Auch die Entscheidung, dem Thema ein Ministerium zu widmen, ist gut: Das Heimatministerium könnte ein neues Schlüssel-Ressort werden. Aber auch eine große Blamage. BERICHT NRW: MEHR WOHNUNGEN AN..., TITELSEITE
EBloß nicht anwenden
in schlechtes Gesetz bringt schnelle Einigungen. Das ist die Hoffnung, die sich aus dem Tarifeinheitsgesetz ergibt. Die Regeln darin sind so unklar, dass sich Verhandlungspartner bei Tarifverträgen angespornt fühlen sollten, es gar nicht erst anzuwenden. Wenn sich Gewerkschaften und Arbeitgeber einfach an einen Tisch setzen und verhandeln, wären damit mehrere Probleme gelöst.
Wenn bei Tarifverhandlungen keine unterschiedlichen Verträge für dieselbe Berufsgruppe abgeschlossen werden, dann entsteht keine Konkurrenzsituation zwischen den Gewerkschaften. Keiner der Tarifverträge müsste verdrängt werden, das Nahles-Gesetz käme nicht zum Einsatz. Dem Ziel des Gesetzes gelangt man also am nächsten, indem man es gar nicht anwendet. Wie das Arbeitsministerium auf weniger Streiks zu hoffen, erscheint gleichwohl etwas kühn. Denn Lokführer, Piloten, Flugbegleiter und Ärzte werden allesamt weiterhin für sich streiken. Dazu, das hat das Bundesverfassungsgericht klargestellt, haben sie selbstverständlich das Recht. Das kann ihnen auch Andrea Nahles nicht nehmen. BERICHT
Baustelle Thyssenkrupp
Das neue Sparprogramm bei Thyssenkrupp bestätigt, wie schlecht es einem der bekanntesten deutschen Konzerne geht: Bis zu 2500 Stellen in der Verwaltung sollen wegfallen, damit die Kosten auf ein wettbewerbstaugliches Maß sinken. Betriebsbedingte Kündigungen werden trotz des starken Einflusses der Gewerkschaften nicht komplett ausgeschlossen.
Der Vorstand hat nur wenige Alternativen. Nachdem rund acht Milliarden Euro mit Investitionen in den USA und Brasilien verbrannt worden sind, hat der Konzern extrem wenig Eigenkapital und hohe Schulden. Also müssen die Gewinne im operativen Geschäft steigen, um Investitionen abseits der Traditionsparte Stahl finanzieren zu können.
Die größte Herausforderung bleibt, eine dauerhafte Lösung für das kapitalintensive Stahlgeschäft zu finden. Konzernchef Hiesinger will offensichtlich die Fusion mit dem Konkurrenten Tata durchsetzen. Das könnte Überkapazitäten beseitigen. Die Belegschaft sollte sich keinen Illusionen hingeben: Das nächste Sparprogramm steht bevor. BERICHT THYSSENKRUPP STREICHT...., TITELSEITE