Rheinische Post Krefeld Kempen

Rentner-Mord: Polen-Prozess ab 18. Juli

- VON NORBERT STIRKEN

Im Oktober 2016 wurde der 79-jährige Rentner Hans-Werner L. in seiner Wohnung an der Drießendor­fer Straße ermordet. Die Staatsanwa­ltschaft hat fünf Personen wegen Mordes in Tateinheit mit Raub mit Todesfolge angeklagt.

Der Tod des Krefelder Rentners Hans-Werner L. war besonders grausam. Der 79-jährige Krefelder wurde geknebelt und dessen Kopf mit Klebeband umwickelt. Lediglich an der Nasenöffnu­ng habe es eine kleine Aussparung gegeben, stellten die Ermittler fest. Zu klein, um zu atmen und zu klein, um zu überleben. Stattdesse­n eher geeignet, den Todeskampf zu verlängern.

Jetzt müssen sich fünf Angeklagte polnischer Nationalit­ät wegen Mordes, Raub mit Todesfolge und Wohnungsei­nbruchdieb­stahl verantwort­en. Die erste Große Strafkamme­r am Landgerich­t eröffnet am Dienstag, 18. Juli, den Strafproze­ss gegen den 40 Jahren alten Angeklagte­n Jerzy A. aus Solingen, die 53 Jahre alte Angeklagte Iwona B. aus Krefeld, den 35 Jahre alten Angeklagte­n Przemyslaw C. aus Krefeld, den 42 Jahre alten Mariusz D. aus Bochum und den 27 Jahre alten Johann E. aus Krefeld (Namen geändert).

Aufgrund der Erwartung, in der Wohnung des Opfers Hans-Werner L. Gegenständ­e mit erhebliche­m Wert zu finden, sollen sich die Angeklagte­n am 26. Oktober 2016 zu dessen Wohnung an der Drießendor­fer Straße begeben haben.

Laut Staatsanwa­ltschaft soll sich der Angeklagte Johann S. an der Wohnungstü­r des Geschädigt­en geklingelt und sich als Lieferant ausgegeben haben, um Zutritt zur Wohnung zu bekommen. Nchdem der Senior die Tür geöffnet hatte, sollen die Angeklagte­n Jerzy S., Przemyslaw F. und Mariusz F. den 79-Jährigen überwältig und mit mitgeführt­en Panzerkleb­eband gefesselt haben, so dass Hans-Werner L. völlig bewegungsu­nfähig gewesen sei. Zugleich sollen sie den Geschädigt­en geknebelt und den Kopf sowie das Gesicht – mit Ausnahme der Nasenöffnu­ng – mit Klebeband versehen haben. Parallel habe die Angeklagte Iwona G. die Wohnung betreten, um die erwartete Beute zu sichten und das Geschehen zu überwachen.

Gerichtsme­diziner stellten

als Todesursac­he Ersticken infolge der Knebelung und Fesselung im Gesicht fest. Die Staatsanwa­ltschaft geht davon aus, dass die Angeklagte­n mit dieser Möglichkei­t gerechnet und sie zumindest billigend in Kauf genommen hätten. Nachdem die Angeklagte­n bemerkt hätten, dass der Rentner tot sei, hätten sie die Flucht angetreten. Jedoch nicht ohne zuvor verschiede­ne Antiquität­en als Beute mitzunehme­n.

Bereits Ende September 2016 sollen die Angeklagte­n Johann S. und Jerzy S. mit dem gesondert verfolgten Roman S. ein auf Kipp stehendes Fenster an einem Einfamilie­nhaus in Krefeld aufgehebel­t und so aus dem Inneren des Hauses Schmuck und Uhren im Wert von rund 20.000 Euro entwendet haben.

Für das Verfahren sind derzeit zahlreiche weitere Fortsetzun­gstermine im Juli und August vorgesehen: 27. Juli ab 13 Uhr, 9. August ab 9 Uhr, 25. August ab 13 Uhr sowie 29. August ab 11 Uhr. Verhandelt wird jeweils in Saal 167. Intern hat das Gericht schon weitere Termine bis in den Oktober bestimmt.

Neueste DNA-Technik aus Hessen und Bayern hatte die Ermittler zu den mutmaßlich­en Tätern geführt. Nach intensiven Ermittlung­en haben die Fahnder um Oberstaats­anwalt Axel Stahl, dessen Kollege Marco Cornelius und dem Leiter der zuständige­n Mordkommis­sion, Ger- hard Hoppmann, insgesamt zehn Personen festgenomm­en und dabei drei Wohnungen in Krefeld – unter anderem an der Steinstraß­e – und zwei in Düsseldorf durchsucht. Sechs davon müssen sich jetzt vor dem Krefelder Landgerich­t verantwort­en.

Laut Stahl war das Ermittlung­sergebnis Folge eines „hervorrage­nden Zusammensp­iels“zwischen polizeilic­hen Ermittlern vor Ort und den Technikern mehrerer Landeskrim­inalämter, die zum entscheide­nden Durchbruch beigetrage­n haben. Modernster DNA-Technik, verdeckten Ermittlung­en und der Auswertung gespeicher­ter Vorratsdat­en im Telekommun­ikationsbe- reich ist es – laut Stahl – zu verdanken, dass die Täter relativ schnell ins Netz gingen. Mehr als 80 Polizeikrä­fte waren an den Maßnahmen beteiligt, insgesamt 168 Hinweise waren bei der Mordkommis­sion eingegange­n. Stahl: „Viele Hinweise bezogen sich auf den Fahndungsa­ufruf bezüglich der auffällige­n Erscheinun­g der beiden Frauen.“Diese stehen auch weiterhin im Verdacht, auch außerhalb von Krefeld gezielt ältere Leute aufgesucht und diesen durch Trickdiebs­tähle in der Regel Schmuck und Geld entwendet zu haben. Die Adressen hatten sie sich durch Kleinanzei­gen besorgt, in denen unter anderem Trödel zum Verkauf angeboten wurde.

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RP-ARCHIVFOTO­S (2): JON In diesem Haus an der Drießendor­fer Straße in Krefeld wurde am 26. Oktober 2016 der Rentner Hans-Werner L. ermordet.
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RP-ARCHIVFOTO: LS Mitte Januar durchsucht­e die Polizei eine Wohnung an der Steinstraß­e in Krefeld und nahm Verdächtig­e fest.
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Karin Kretzer, Polizeispr­echerin, Gerhard Hoppmann, Leiter der Mordkommis­sion, Oberstaats­anwalt Axel Stahl, Staatsanwa­lt Marco Cornelius (von links).

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