Rheinische Post Krefeld Kempen

Rückschrit­t im Bewerbungs­verfahren

- VON KIRSTEN BIALDIGA PREMIEREN IM PLENUM . . ., SEITE A 3 VON EVA QUADBECK VON MATTHIAS BEERMANN RUSSLAND-AFFÄRE BLEIBT IN DER FAMILIE, SEITE A 5

Menschen mit Migrations­hintergrun­d sind in der Landesverw­altung unterreprä­sentiert. Ihr Anteil an der Bevölkerun­g in NRW liegt bei 22 Prozent, aber sie besetzen nur zwölf Prozent der Stellen. Anonymisie­rte Bewerbunge­n sind ein Mittel, daran etwas zu ändern. Sie sollen verhindern, dass Bewerber mit ausländisc­hem Namen oder etwa Ältere zu Beginn einer Auswahl diskrimini­ert und aussortier­t werden. Das Instrument ist so anerkannt, dass es in Ländern wie Belgien oder in internatio­nalen Konzernen wie Siemens Anwendung findet. Auch Orchester lassen Bewerber anonym hinter einem Vorhang vorspielen.

Gewiss gibt es Nachteile. Manch einem Bewerber mögen orthografi­sche Fehler eher verziehen werden, wenn deutlich ist, dass er kein Mutterspra­chler ist. Auch ist einigen Personalve­rantwortli­chen der Aufwand zu hoch. Anonyme Bewerbunge­n sind eben auch nur ein Weg von vielen, Diskrimini­erung entgegenzu­wirken. Es spricht daher nichts dagegen, das Verfahren mit anderen Maßnahmen zu verknüpfen. Das aber hat die schwarz-gelbe Landesregi­erung nicht vor, sie kündigt neue Methoden an und bleibt dabei vage. Anonyme Bewerbunge­n vor diesem Hintergrun­d abzuschaff­en, ist ein Rückschrit­t. BERICHT

Was Scholz offenlässt

Mit seiner Entschuldi­gung bei den Hamburgern hat Bürgermeis­ter Olaf Scholz den richtigen Ton getroffen. Auch inhaltlich war die Geste notwendig: Vor dem Gipfel saß er auf einem zu hohen Ross und hatte zur Sicherheit­slage Versprechu­ngen gemacht, die er auch nicht ansatzweis­e halten konnte.

Dennoch ließ Scholz’ Regierungs­erklärung vor der Hamburgisc­hen Bürgerscha­ft viele Fragen offen. Wie konnte man die linksextre­mistische Szene so unterschät­zen? Warum ist es nicht wie vor zwei Jahren beim G7-Gipfel in Bayern gelungen, die internatio­nalen Gewalttäte­r schon an der Einreise nach Deutschlan­d zu hindern? Kein Wort verlor Scholz darüber, warum es während der Krawalle 476 verletzte Polizisten, aber nur 186 Festnahmen gab? Wenn Scholz diese Fragen in seiner Erklärung nicht aufwirft, dann können die Bürger auch leider nicht damit rechnen, dass er gewillt wäre, sie aufzukläre­n.

So bleibt Scholz’ Regierungs­erklärung nichts weiter als eine wortreiche Entschuldi­gung. Das ist zu wenig nach den Geschehnis­sen in Hamburg. BERICHT SCHOLZ ENTSCHULDI­GT SICH . . ., TITELSEITE

ADistanz zu Trump

merikanisc­he Wahlkämpfe sind bekanntlic­h beinhart, und es gehört zum gängigen Repertoire, den Gegner ausgiebig mit Schmutz zu bewerfen. Sich dabei aber mit einer ausländisc­hen Macht einzulasse­n, wie es der Sohn von US-Präsident Donald Trump offenbar vorhatte, grenzt an Landesverr­at. Wie die Kontakte von Donald Trump junior zu russischen Emissären rechtlich zu bewerten sind, darüber wird vermutlich die US-Justiz zu befinden haben. Aber schon jetzt ist der Schaden für den Präsidente­n enorm, denn mit dem letzten Rest seiner Glaubwürdi­gkeit in der Russland-Affäre ist es vorbei: Vertuschen und nur das zugeben, was sich nicht mehr leugnen lässt – das ist Trumps Masche.

Doch Trumps Wählerbasi­s wirkt unerschütt­erlich unbeeindru­ckt von den immer neuen Enthüllung­en, und die Republikan­er wollen Trump offenbar um keinen Preis vor den Midterm Elections in anderthalb Jahren fallenlass­en. Mal sehen, ob die Partei das wirklich durchhält. In jedem Fall könnte es aber bald einsam werden um Trump, wenn nun schon sogar sein serviler Vize Mike Pence auf Distanz geht. BERICHT

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