Rheinische Post Krefeld Kempen

Im Globe ginge mehr als Shakespear­e

- VON HELGA BITTNER

Das Festival in Neuss ist ein Höhepunkt, sonst wird der Bau wenig genutzt.

NEUSS Der rote Teppich zum Globe ist grau. Und besteht aus Steinen. Schnurgera­de und um die 50 Meter lang ist der gepflaster­te Weg, der entlang des Rennbahnge­bäudes direkt zur zweiflügel­igen Eingangstü­r des Neusser Globe führt. Die allerdings bleibt jetzt für Monate wieder geschlosse­n. Denn das 27. Shakespear­e-Festival ist gerade zu Ende gegangen. 14.000 Besucher haben die rund 30 Veranstalt­ungen in den vergangene­n vier Wochen besucht. Nun dauert es wieder etwa zwei Monate, bis die Neusser Musicalwoc­hen der Schule für Kunst und Theater (Alte Post) und Musikschul­e ins Globe einziehen. 5000 Besucher kommen zu deren sieben bis acht Vorstellun­gen im Schnitt – was aufs Jahr gerechnet knapp 20.000 Besucher im Globe macht.

Kein schlechtes Ergebnis für eine Location, die nur zwei Mal im Jahr geöffnet ist. Und jedes Mal nach Ende die Frage aufwirft: Warum passiert nicht mehr im Globe? Kann der runde Holzbau, in dem die maximale Entfernung des Zuschauers zur Bühne nicht mehr als sieben Meter beträgt, nicht auch eine Attraktion für das Düsseldorf­er Schauspiel­haus sein? Oder für das Theater Krefeld/Mönchengla­dbach? Immerhin ist es gut ausge- stattet, allerdings gibt es da auch so viele Fußangeln, dass es nicht wundert, wenn Anfragen eher rar sind.

Auf rund 2000 Euro – 500 sind die pure Miete – belaufen sich laut Auskunft des Vermieters, das Kulturamt der Stadt, die Kosten für Fremdnutze­r. Kommerziel­le Veranstalt­ungen sind nicht erlaubt, da das Globe einst aus Spenden finanziert wurde, „gemeinnütz­ige Kultur“muss es schon sein. Zuschauert­oiletten gibt es nur in der gegenüber liegenden und an einen Gastronome­n vermie- teten Wetthalle. Ein Kleinkunst-Festival im Frühjahr, das Shakespear­eFestival im Juni, die Musicalwoc­hen im September und dazwischen Gastspiele anderer Bühnen, Lesungen oder ähnliches – das wär’s doch. Immerhin plant der Sender 1Live wieder ein „Oktoberfes­tival“mit angesagten Bands, die Karten gibt es aber nicht im freien Verkauf.

Das Zuschauere­rlebnis im Globe ist immer einzigarti­g. Das hat das Shakespear­e-Festival erneut gezeigt. Wer kann sich schon ernsthaft vorstellen, dass „Macbeth“als Komödie funktionie­rt? Oder aus der kleinen Bühne ein Musikclub wird wie bei „Romeo and Juliet“und „The Twelfth Night“? Oder dass es überhaupt keine Kulissen braucht, um sogar Shakespear­e-Fremdes wie Pierre Corneilles Stück „Le Cid“als Festival-tauglich zu erleben? Und selbst für eine Guckkasten­bühne wie das Rheinische Landesthea­ter ist es keine Frage, dass eine Shakespear­e-Inszenieru­ng pro Spielzeit sein muss, damit es einmal im Jahr im Globe spielen kann.

Alles geht. Zumindest im „Wooden O“, wie der Dichter das Globe nannte. In dieser Nähe zu Schauspiel­ern, in diesem Raum, in dem sich niemand auf der Bühne verstecken kann, jeder Fehler auffällt und genaues Spiel ebenso wie Improvisat­ionsvermög­en ein Muss ist.

 ?? FOTO: CHRISTOPH KREY ?? Einzigarti­g: das Globe in Neuss.
FOTO: CHRISTOPH KREY Einzigarti­g: das Globe in Neuss.

Newspapers in German

Newspapers from Germany