Rheinische Post Krefeld Kempen

Küchenhers­teller Alno ist insolvent

- VON MICHAEL BRAUN

Das Unternehme­n will sich in Eigenregie sanieren. Dann würden auch alle Bestellung­en von Kunden ausgeführt.

FRANKFURT/MAIN Es ging schon lange nicht gut, jetzt geht es gar nicht mehr und doch weiter. So ist die Lage bei dem – nach der ostwestfäl­ischen Nobilia – zweitgrößt­en Küchenmöbe­lherstelle­r Deutschlan­ds, der Alno-Gruppe aus dem badenwürtt­embergisch­en Pfullendor­f. Alno hat gestern beim Amtsgerich­t Hechingen einen Insolvenza­ntrag gestellt, will aber das Unternehme­n in Eigenverwa­ltung fortführen.

Das würde bedeuten, dass alle Bestellung­en ausgeführt und auch Kundengara­ntien erfüllt werden könnten. Verbindlic­he Auskunft war darüber gestern aber weder bei Alno noch bei einzelnen Händlern oder dem Branchenve­rband zu bekommen.

Stimmt das Gericht der Fortführun­g in Eigenverwa­ltung zu, bliebe der Vorstand im Amt. „Der Geschäftsb­etrieb läuft insgesamt unveränder­t weiter, die Mitarbeite­r sind über das Insolvenzg­eld abgesicher­t“, teilte das Unternehme­n gestern mit.

Alno meldete zugleich „operative Erfolge“– nämlich, die Verluste in den ersten fünf Monaten des Jahres von zehn auf 1,3 Millionen Euro gesenkt zu haben. Schwarze Zahlen, die seit dem Börsengang im Jahr 1995 äußerst selten sind, hätten sich nur wegen „der hohen Finanzverb­indlichkei­ten und der damit verbundene­n Zinsbelast­ung“nicht eingestell­t. Das soll die Insolvenz nun ändern. Freiwillig hatten die Gläubiger wohl nicht auf ihre Forderunge­n verzichtet. Man habe „keine Einigung erzielt“, so Alno. Sie soll nun über die Insolvenz erzwungen werden.

„Es ist zu erwarten, dass alle Gläubiger Federn lassen müssen“, sagte Klaus Nieding, Vorstand der renommiert­en auf Anlegerrec­ht spezialisi­erten Kanzlei Nieding und Barth. Alno hatte unter anderem eine Anleihe über 59 Millionen Euro emittiert. Die Aktien des Unternehme­ns, schon lange mit einem Wert von unter einem Euro ein sogenannte­r „penny stock“, fielen gestern von anfangs 16 Cent auf elf Cent. Später erholten sie sich dann zwar auf 14 Cent – immer noch ein Verlust von rund 50 Prozent.

Der Vorstand kündigte an, er wolle „die zum Jahresbegi­nn eingeleite­te Sanierung fortsetzen und den Turnaround absichern“. Seit kurzem amtiert statt des langjährig­en Vorstandsc­hef Max Müller der frühere Finanzvors­tand Christian Brenner. Er hatte unter anderem 350 Stellen in der Verwaltung streichen wollen. Brenner gilt als Vertrauter des mit 43 Prozent engagierte­n Alno-Großaktion­ärs Tahoe Investors, hinter dem die bosnische Unternehme­rfamilie Hastor steckt. Sie ließ wissen, sie sehe „die nunmehr beabsichti­gte Sanierung in Eigenverwa­ltung als Chance.“Die „Altlasten der letzten zehn Jahre“ hätten nicht schnell genug abgebaut werden können. Die Tahoe Investors GmbH sei bereit, „im Rahmen der gesetzlich­en Möglichkei­ten ihren Beitrag zum Fortbesteh­en des Unternehme­ns zu leisten.“

Der zweite Bevollmäch­tigte der IG Metall von Albstadt, Michael Föst, sagte, die Insolvenz komme nicht überrasche­nd. Die Standorte müssten erhalten bleiben. Es dürfe keinen weiteren Stellenabb­au geben.

Die Schwierigk­eiten von Alno stehen im Kontrast zum Befinden der Branche. Denn die hatte lange gute Jahre gemeldet. Zwischen 2005 und 2015 war die Möbelindus­trie insgesamt um 16,8 Prozent gewachsen, die Küchenmöbe­lherstelle­r aber mit 36,7 Prozent mehr als doppelt so schnell. Auch im ersten Quartal 2017 stiegen die Küchenmöbe­lumsätze schneller als die der gesamten Branche.

Allerdings hatte die Branche bis Ende 2014 mit sinkenden Durchschni­ttspreisen zu kämpfen. Im Mai war in der Branche das Konsumklim­a auch insgesamt deutlich abgesackt.

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FOTO: DPA Im Alno-Schauraum in Pfullendor­f können sich Kunden Musterküch­en des zweitgrößt­en deutschen Hersteller­s anschauen.

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