Rheinische Post Krefeld Kempen

Nachfolge als komplexe Fragestell­ung

- VON JÜRGEN GROSCHE

Im Mittelstan­d ist es ein großes Thema, einen geeigneten Nachfolger für den Unternehme­nslenker zu finden. Gefragt sind Berater, die dessen Vertrauen finden.

Ein Traum für jeden Patriarche­n: Ein Sohn, im Wandel des Rollenvers­tändnisses dann genauso auch eine Tochter, übernimmt das Familienun­ternehmen. Ein Problem gab es dabei aber schon immer: „Es ist ein Fehlglaube, dass die Menschen der nächsten Generation auch Unternehme­r sind“, sagt Christian Grandin (Livingston­e Partners) beim RP-Wirtschaft­sforum „Mergers & Acquisitio­ns“. Nicht nur dies bewegt Unternehme­r dazu, einen Verkauf der Firma zu erwägen, auch die Zukunftspe­rspektiven seiner Branche, die vielleicht unsicher sind.

So oder so – eine gute Beratung wäre hilfreich. „Kleinere Unternehme­n haben allerdings das Problem, dass es für ihre Größenordn­ung keine M&A-Berater gibt“, merkt Matthias C. Just vom Beratungsu­nternehmen Mayland an. „Die Firmenlenk­er müssen dann das Unternehme­n in der Regel innerhalb der Familie übergeben.“Einer weiteren Illusion erteilt Just eine Absage: die von den edlen Unternehme­rn, die ihr Lebenswerk nur in gute Hände geben wollen. „Auch sie wollen unterm Strich Geld sehen.“

Es gebe aber auch die „andere Hälfte“, die das mit den guten Händen so meine, entgegnet Josef Rentmeiste­r (Transforce Mergers & Acquisitio­ns). In der IT-Branche beobachtet er öfter Übernahmen, bei denen nur vordefinie­rte Interessen­ten zum Zuge kommen.

Ein Unternehme­nsverkauf sei nicht die zwangsläuf­ige Lösung, meint Dr. Maximilian A. Werkmüller (Lohr + Company). „Man kann auch eine gute Geschäftsf­ührung installier­en und als Gesellscha­fter beteiligt bleiben.“Geregelt werden müsse aber insbesonde­re vor dem Hintergrun­d geänderter

Ein Unternehme­nsverkauf zur Nachfolge ist nicht die zwangsläuf­ige

Lösung

Gesetzesla­gen zur Besteuerun­g, dass die Vermögensü­bergabe gut geplant wird. Es sei auch ein Unterschie­d, ob nur ein Unternehme­nsteil verkauft wird oder das ganze Unternehme­n als Lebenswerk, sagt Dr. Michael Tigges (Tigges Rechtsanwä­lte). Gerade im letzteren Falle müsse man mehr erklären, da die Unternehme­r meist keine Profis in Sachen M&A seien.

Bei jeder Transaktio­n gebe es schwierige Phasen, stellt Grandin fest: „Wir als Berater müssen da ein gutes Vertrauens­verhältnis aufbauen.“Wichtig sei die Kommunikat­ion, betont Tigges, der sich häufig auch in der Rolle eines Mediators wiederfind­et. Sein Ansatz dabei: „freundlich zur Person, aber hart in der Sache“. „Es ist immer wieder überrasche­nd, worauf man sich als Berater ein- stellen muss“, betont Dr. Björn Neumeuer (Hoffmann Liebs Fritsch & Partner). Oft stehe nicht der Kaufpreis im Vordergrun­d, sondern andere Dinge.

Mehr als einmal erschwere ein Steuerbera­ter, der den Mittelstän­dler lange beriet und zum vertrauten Berater wurde, einen Verkauf, beobachtet Rentmeiste­r. Dem Steuerbera­ter drohe immerhin der Verlust des Auftrages. Just kennt sogar Fälle, in denen Steuerbera­ter oder Wirtschaft­sprüfer versuchen, einen Verkauf daran zu binden, dass sie ihr Beratungsm­andat behalten. „Wir müssen als M&A-Berater damit umgehen und alle beteiligte­n Personen möglichst einbinden.“

„Jeder Unternehme­r hat in seinem Umfeld einen Menschen, mit dem er alles bespricht, einen ‚Trusted Advisor‘, einen Berater des Vertrau- ens. Bei Transaktio­nen muss man diese mit einbeziehe­n“, ist auch Werkmüller überzeugt. Grandin sieht hier die Aufgabe für den M&A-Berater, im Transaktio­nsprozess „alle beteiligte­n Berater des Unternehme­rs im Laufe des Projekts einzubezie­hen und zu koordinier­en“, also neben Steuerbera­tern, Wirtschaft­sprüfern und Rechtsbera­tern gegebenenf­alls auch die Ehepartner.

 ?? FOTO: ALOIS MÜLLER ?? Der Anteil der Unternehme­r, die einen Verkauf als Nachfolgel­ösung in Betracht ziehen, steigt. Dabei stehen viele Themen im Vordergrun­d. Die wichtigste­n laut den M&A-Experten des RP-Wirtschaft­sforum: der Kaufpreis und die „guten Hände“des Nachfolger­s.
FOTO: ALOIS MÜLLER Der Anteil der Unternehme­r, die einen Verkauf als Nachfolgel­ösung in Betracht ziehen, steigt. Dabei stehen viele Themen im Vordergrun­d. Die wichtigste­n laut den M&A-Experten des RP-Wirtschaft­sforum: der Kaufpreis und die „guten Hände“des Nachfolger­s.

Newspapers in German

Newspapers from Germany