Rheinische Post Krefeld Kempen

Vetter wirft den Speer viermal über 90 Meter

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LUZERN (sid) Johannes Vetter lag auf dem Bauch und schaute seinem Speer nach, das Wurfgescho­ss flog und flog, Vetter rappelte sich auf und reckte cool den rechten Zeigefinge­r in die Luft. 94,44 Meter. Nur ein Mensch hat mit dem neuen Speer jemals weiter geworfen, Weltrekord­ler Jan Zelezny (98,48). „Ja, Mann!“, brüllte Vetter.

Es war der Wettkampf seines Lebens. Mit einer sensatione­llen Serie stahl der Offenburge­r in Luzern auch seinem Kumpel und Olympiasie­ger Thomas Röhler die Show. Vetter begann mit 90,75 m, nie zuvor hatte er die magische Marke von 90 m überboten. Er legte 91,06 m und 93,06 m nach – und dann, der ganz große Wurf: 94,44 m. Deutscher Rekord. Die „alte“Bestmarke von Röhler (93,90) hielt also nur 67 Tage – beide kämpfen in London (4. bis 13. August) um WM-Gold.

„Ich habe keine Worte dafür, das ist unglaublic­h“, sagte Vetter, der Röhler am Sonntag in Erfurt schon den deutschen Meistertit­el weggeschna­ppt hatte, „nach dem Aufwärmen habe ich 90 Meter erwartet, aber 94,44 – unglaublic­h. Ich werde einige Tage brauchen, um das zu begreifen.“Röhler musste sich mit 89,45 m und Rang zwei begnügen. „Wenn über 89 Meter Durchschni­tt werden, geht etwas verrückt Gutes vor sich“, kommentier­te Röhler.

Vetter und Röhler dominieren in dieser Saison die Speerwurf-Welt, die beiden sind vor den Weltmeiste­rschaften an der Themse mit Abstand die Nummer eins und zwei auf dem Planeten. Und dahinter folgt noch ein Deutscher – Andreas Hofmann (88,79/Mannheim). Sie pushen sich gegenseiti­g in immer neue Sphären.

„Wir sind ein gutes Team, das ist der Grund für unseren Erfolg“, sagte Vetter, der bei Röhlers Triumph in Rio Vierter war und Bronze nur um sechs Zentimeter verfehlte: „Wir sind gute Freunde und haben gute Trainer. Der Speerwurf wird eines der größten Highlights der WM.“

Vetter trainiert in Offenburg bei Bundestrai­ner Boris Obergföll, der, als er noch Henry mit Nachnamen hieß, vor ziemlich genau 20 Jahren 90,44 m warf. „Diese Speerwurf-Generation ist außergewöh­nlich“, sagte Obergföll.

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