Rheinische Post Krefeld Kempen

SERIE MEIN LIEBLINGSP­LATZ Auf der Holzbrücke über die Schleck

- VON EVA SCHEUSS

Die Rheinische Post stellt in einer kleinen Serie besondere Orte vor. Sie zu besuchen, ist eine persönlich­e Empfehlung.

KEMPEN Es sind die alltäglich­en Dinge, die man nicht immer bewusst wahrnimmt, die aber doch immer wieder ein Gefühl des Wohlbefind­ens auslösen. Ein solcher Wohlfühlor­t ist für die Verfasseri­n dieses Artikels die kleine hölzerne Brücke über den Schleckbac­h, der in der Nachbarsch­aft nur „die Schleck“genannt wird.

Die Schleck kommt aus Vorst, verläuft an Oedt und Grefrath vorbei zur Abtei Mariendonk, wo sie in die Niers mündet. Sie bildet in Höhe der Brücke die Grenze zwischen der Stadt Kempen und der Gemeinde Grefrath, was besonders dann auffällt, wenn die öffentlich­en Pflegearbe­iten diesseits und jenseits der Brücke unterschie­dlich verlaufen, das Gras hier gemäht ist und dort noch nicht, der Schnee dort geräumt wurde und hier noch nicht.

Unzählige Male hat die Autorin den kleinen Wasserlauf bereits überquert. Mit dem Fahrrad oder etwas gemächlich­er zu Fuß beim Gassi-Gehen mit dem Hund. Rad ist ein gutes Stichwort, denn der Weg über die Schleck ist ein vielgenutz­ter örtlicher Radweg und Teil eines überregion­alen Radewegene­tzes. Er verbindet Kempen mit Grefrath und führt weiter in Richtung Niederland­e. Damit ist er auch das Tor hinein in eine wunderschö­ne Erholungsl­andschaft wie etwa zur Krickenbec­ker Seenplatte.

Und so hat sich dieser Weg zu einer Art Fahrradstr­aße entwickelt. Sie führt über die offene Landschaft, durch die Felder der Kempener Platte hinein in ein kleines, feuchtes Waldgebiet, das wegen der dort aufgestell­ten Poller praktisch autofrei ist. Bereits frühmorgen­s sind Berufstäti­ge und Schüler hier unterwegs. Später am Tag folgen die Freizeitra­dler. Bei schönem Wetter verabreden sich auch in der Woche Gruppen von Rentnern, die munter plaudernd unterwegs sind. Viele sind mittlerwei­le dank E-Bikes relativ zügig unterwegs. An Wochenende­n kommen noch gestresste Rennradfah­rer hinzu, die mit Klingeln und Rufen langsamere Verkehrste­ilnehmer auf sich aufmerksam machen. Auch viele Jogger und Läufer nutzen die landschaft­lich reizvolle Strecke. Mit anderen Worten: Hier ist vor allem in den Sommermona- ten eine ganze Menge los. Das war irgendwie immer schon so. Denn auf dieser Wegstrecke verlief früher die Bahnlinie zwischen Kempen und Kaldenkirc­hen. Der Komponist Johannes Brahms reiste auf dieser Strecke im Januar 1885 nach Mülhausen, um im dortigen Drinckhof an der Niers im Kreis von Freunden einen fröhlichen Tag bei Fischkuche­n, Rosinenbro­t und Rhein-Wein zu verbringen. Ihm zu Ehren wird die Strecke auch „Brahmsweg“genannt.

Nach der Stilllegun­g der Bahnlinie in den 1980er-Jahren wurde die Strecke in einen Radweg umgewan- delt. Besonders angenehm ist es hier, wenn es etwas ruhiger ist. An nebligen Wintertage­n, im kühlen Frühjahr, wenn gerade ein grüner Schleier die Natur überzieht, oder auch an einem regnerisch­en Sommertag. Dann hat man diese Ecke mal ganz für sich.

Und eine besondere Wegmarke ist dann immer wieder die Brücke über die Schleck. Einmal stehen bleiben, übers Geländer schauen. Wie ist der Wasserstan­d heute? In trockenen Monaten ist nur wenig bis gar kein Wasser im Bachbett zu sehen. Die Schleck, ohnehin ein flaches Gewässer, leidet in den vergan- genen Jahren auffallend oft unter Wasserknap­pheit. Dann sieht man unter der Brücke deutlich, welche Stauwerke aus Steinen und Holz Kinder hier zuletzt gebastelt haben. Hat es jedoch viel geregnet, dann plätschert die Schleck munter vor sich hin.

Angenehm ist es, dem Murmeln des Wasser zuzuhören. Manchmal steht ein Reiher im weiteren Verlauf des Bachbetts oder ein Reh wagt sich zum Trinken aus dem Walddickic­ht. Wenn dann noch die Vögel zwitschern und der Wind in den Bäumen rauscht, dann ist es hier einfach nur schön.

 ?? RP-FOTO: WOLFGANG KAISER ?? Eva Scheuß mit ihrem Hund, dem Irish Terrier „Darry“, auf der Holzbrücke über den Schleckbac­h zwischen Klixdorf und Mülhausen.
RP-FOTO: WOLFGANG KAISER Eva Scheuß mit ihrem Hund, dem Irish Terrier „Darry“, auf der Holzbrücke über den Schleckbac­h zwischen Klixdorf und Mülhausen.

Newspapers in German

Newspapers from Germany