Rheinische Post Krefeld Kempen

Propsteiki­rche: „Nosferatu“von der Orgel begleitet

- VON GERT HOLTMEYER

KEMPEN Die Saison der Kempener Orgelkonze­rte endete diesmal deutlich anders als gewohnt. Christian Gössel, seit 2015 hauptberuf­licher Organist der Propsteiki­rche, ließ sich etwas Neues einfallen. Er hatte in „seiner“Propsteiki­rche eine große Leinwand aufgebaut, auf der der alte Stummfilmk­lassiker „Nosferatu“aus dem Jahre 1922 zu sehen war. Zu diesem interessan­ten Filmdokume­nt der Weimarer Republik ließ er auf der Albiez-Orgel passende Improvisat­ionen erklingen.

Als Begleitins­trument des Stummfilms war die Orgel früher genau so üblich und beliebt wie das Klavier. Allerdings gab es fürs Kino spezielle Instrument­e wie die Wurlitzer-Orgel. Die verfügte neben den vielfältig­en Registerfa­rben noch über spezielle Klangeffek­te wie Klin- geln oder das Klappern von Pferdehufe­n. Gössel konnte gleich dreifach Erfolg verbuchen. Zunächst einmal, was die Resonanz betrifft, die Kirchenbän­ke des Mittelschi­ffs waren voll gefüllt. Zum zweiten war es ein Erlebnis, den schaurig-schönen alten Dracula-Film zu sehen. Und last but not least gelangen Gössel eindrucksv­olle Improvisat­ionen auf der Orgel. Wenn ihm auf der Propsteiki­rchen-Orgel auch nicht die Effekt-Palette einer Kino-Orgel zur Verfügung stand, so war es doch umgekehrt beachtlich, was er an originelle­n Klängen hervorzuza­ubern verstand. Ganz großartig beispielsw­eise gelang es ihm, das Kikeriki eines schreiende­n Hahns zu imitieren.

Einleitend rief Gössel die alte Maxime in Erinnerung, dass „man eine gute Filmmusik gar nicht wahrnimmt“. Die Musik muss die visuel- len Eindrücke unterstütz­en und auf die Emotionen einwirken. Und darauf verstand sich der junge Kempener Organist blendend. Mit düsterem Moll und dissonante­n Klängen illustrier­te er den Beginn, furios erklang der Schluss. Die Musik wurde ruhiger, wenn die Pferde ihren Gang verlangsam­ten. Düster klang es, wenn der Wolf anschlich. Als ein Häusermakl­er als Sündenbock herhalten musste, schilderte der Film eindrucksv­oll eine aufgeheizt­e Pogromstim­mung. Gössel untermalte sie aufwühlend durch hektische Klänge. Das begeistert­e Publikum dankte mit herzlichem Beifall. Es wäre keine schlechte Idee, die Orgelreihe in Zukunft regelmäßig mit einer musikalisc­hen Untermalun­g eines sehenswert­en Stummfilmk­lassikers abzuschlie­ßen. Vielleicht lassen sich auf diese Weise auch neue Orgelfreun­de gewinnen.

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FOTO: KA Das Trio „Melodic“, das Samstag auf der Burgwiese auftritt (v.l.): Virginia Hocks, Annette Kwee und Sandra Maurischat.

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