Rheinische Post Krefeld Kempen
Das Geheimnis des Erfolgs
Wimbledonsieger Federer ist fast in jedem Bereich besser als die Konkurrenz.
LONDON/DÜSSELDORF Mit seinem achten Titel in Wimbledon ist Roger Federer (35) nun alleiniger Rekordhalter vor William Renshaw und Pete Sampras. Er ist zudem der älteste Wimbledon-Champion in der Geschichte des Profitennis. „Ich bin unglaublich überrascht, wie dieses Jahr bislang gelaufen ist“, sagt er selbst. „Dieses Turnier so gespielt zu haben, ohne Satzverlust, ist magisch, es ist wirklich zu viel.“Fünf Turniere hat Federer in diesem Jahr schon gewonnen. Vor Wimbledon triumphierte er bei den Australian Open, in Indian Wells, Miami und Halle. Eine unglaubliche Erfolgsgeschichte, die viele Gründe hat. Turnierplanung Federer weiß, wann er eine Pause braucht. Seit Jahren filtert er sehr genau aus, konzentriert sich auf die großen Turniere und deren Vorbereitungsturniere. Die Hetzjagd auf WeltranglistenPunkte überlässt er anderen. 2016 zwang ihn eine Knieverletzung zu einer längeren Zwangspause, die erste in seiner Karriere. Die Pause sei nötig, um seine Lebenszeit als Tennisprofi zu verlängern, erklärte Federer damals. Er wusste, wovon er sprach. Federer nutzte die Zeit, um abzuschalten, Zeit mit der Familie zu verbringen und an seinem Spiel zu feilen. Völlig überraschend gewann er bei seinem Comeback direkt die Australian Open, danach auch noch die Masters-Turniere in Indian Wells und Miami. Die Sandplatzsaison ließ Federer komplett sausen, um seinen Körper und sein Knie zu schonen. Technik Seine scheinbare Alterslosigkeit verdankt Federer auch seiner Technik und seinem Ballgefühl. Der Schweizer kommt bei seinen Schlägen weniger über die Muskelkraft als andere. Auch Federers Aufschlag ist nicht der härteste auf der Tour, in Sachen Variation macht ihm aber keiner etwas vor. Fitness Dass körperliche Fitness im modernen Tennis der Schlüssel zum Erfolg ist, hat Federer schon früh verstanden. Was so leichtfüßig aussieht, verdankt er knallharter Arbeit. Seit dem Jahr 2000 arbeitet er mit dem Fitness-Guru Pierre Paganini zusammen. Der erklärte vor Wimbledon im Interview mit der Schweizer Zeitung „Blick“, Federer habe noch immer den gleichen Spaß am Tennis wie als Junior. „Für mich ist er ein Weltmeister für Kontinuität, ohne jemals den roten Faden zu verlieren.“In 1423 Matches als Profi-Spieler hat Federer kein einziges wegen einer Verletzung oder sonstigen körperlichen Problemen nicht zu Ende gespielt. Schwächelnde Konkurrenz 2017 ist allerdings auch das Jahr der wankenden Thronfolger. Novak Djokovic steckt seit dem vergangenen Sommer im Formtief. Auch der Weltranglisten-Erste Andy Murray zahlt derzeit den Preis für die vielen Matches der jüngeren Vergangenheit. Er wirkt müde. Qualität Der Schweizer hat das größte Schlagrepertoire aller Tennis-Profis. Das eröffnet ihm in Ballwechseln Möglichkeiten, die andere nicht haben. Vielleicht ist die passendste Antwort auf die Frage nach Federers Erfolgserlebnis deshalb die naheliegendste: Federer ist einfach so gut.