Rheinische Post Krefeld Kempen

Konsolidie­rt wird nicht, warum auch?

- VON BIRGIT MARSCHALL VON 1 EURO NIMMT DER STAAT..., TITELSEITE VON THOMAS REISENER VON ANTJE HÖNING

Wollen wir dem Staat mehr oder weniger Geld geben? Und kann er das, was wir uns von ihm wünschen, auch kostengüns­tiger liefern? Die großen Parteien geben auf die erste Frage im Ansatz unterschie­dliche Antworten, auf die zweite geben sie leider gar keine. Angesichts gut laufender Einnahmen schert sich bei Union und SPD niemand darum, ob und wie der Staat besser wirtschaft­en könnte. Konsolidie­rt wird nicht, warum auch? Was die Koalition verteilen wollte, konnte sie locker bezahlen.

Unterlasse­ne Haushaltsk­onsolidier­ung kann sich aber später noch rächen. Wenn sich herausstel­lt, dass die aus demografis­chen Gründen bald ansteigend­e Last an Steuern und Abgaben zu schwer geworden ist für die, die sie ab dem Jahr 2020 schultern müssen.

Bei der Antwort auf die erste Frage haben die Wähler immerhin den Hauch einer Alternativ­e: Die Union verspricht geringfügi­ge Entlastung­en für alle, die Sozialdemo­kraten ausschließ­lich für die „arbeitende Mitte“mit bis zu 60.000 Euro Jahreseink­ommen. Gemeinsam ist beiden Konzepten, dass jede Entlastung so gering sein wird, dass sie der Bürger kaum spüren dürfte. BERICHT

Problem verharmlos­t

Dass Flüchtling­e aus Nordafrika besonders oft straffälli­g werden, weiß die Polizei schon lange und hätte gerne früher gehandelt. Aber vor der Kölner Silvestern­acht 2015/16, die der nordafrika­nischen Täterszene zu traurigem Weltruhm verhalf, galten herkunftso­rientierte Polizeimaß­nahmen als politisch unkorrekt. Erst danach wurden gezielte Aktionen gegen die nordafrika­nische Täterszene öffentlich akzeptiert. Bis dahin beinahe heimliche Studien wie das Düsseldorf­er „Casablanca“-Projekt, in dem die Polizei die nordafrika­nische Diebesszen­e analysiert, waren plötzlich in aller Munde. Razzien in entspreche­nden Wohnvierte­ln, Gefährder-Ansprachen und beschleuni­gte Gerichtsve­rfahren mit schnellen Haftstrafe­n galten nicht mehr als Beleg für behördlich­en Ausländerh­ass, sondern als datenbasie­rter Bevölkerun­gsschutz. Neue Zahlen belegen den Erfolg: Die Täterszene schrumpft. Offensicht­lich tut man gut daran, polizeilic­hen Erfahrungs­werten zu vertrauen. Hätte die Polizei schon vor der Silvestern­acht gedurft, was sie erst danach umsetzen sollte, wäre es vielleicht gar nicht so weit gekommen. BERICHT NORDAFRIKA­NER SELTENER UNTER VERDACHT, TITELSEITE

Fukushima für Autos

Man spielt das Thema gerne herunter: Volkswagen spricht von „Diesel-Thematik“, Daimler nennt seinen Millionen-Rückruf „Zukunftspl­an für Diesel“. Die Gerichte werden klären, ob die Konzerne Gesetze brachen oder nur Gesetzeslü­cken nutzten. Doch so oder so bedeutet der Abgasskand­al für die Branche eine Zäsur. Er beschädigt das Vertrauen der Kunden, zumal VW in Deutschlan­d eine Entschädig­ung wie in den USA verweigert und Aufklärung­swillen vermissen lässt. Er zeigt, dass Hersteller lange auf das falsche Pferd setzten: Wie günstig könnten Elektroaut­os heute sein, wenn Konzerne die Energie, die sie in den Diesel setzten, in E-Mobilität gesteckt hätten? Und er zerstört das Geschäftsm­odell einer Branche, wie es die Energie mit Fukushima erlebt hat. Nur dass es bei Autobauern um viel mehr Stellen geht, wie jetzt das Ifo zeigt. Die Politik streitet noch, ob sie den Diesel, den sie erst förderte, stumpf verbieten und ihre CO2Ziele riskieren will. Die Klugen reißen selbst das Steuer rum: Volvo und Porsche läuten den Abschied vom Diesel ein. Viele Verbrauche­r dürften folgen. BERICHT DAIMLER BESSERT DIESEL NACH, TITELSEITE

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