Rheinische Post Krefeld Kempen

Urteil: Tui-Aufsichtsr­at bleibt deutsch besetzt

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LUXEMBURG (dpa) Der Europäisch­e Gerichtsho­f hat die deutschen Regeln zur Wahl von Arbeitnehm­ern in Aufsichtsr­äte bestätigt. Europarech­tliche Bedenken wiesen die Luxemburge­r Richter zurück. Es sei rechtens, dass nur deutsche Beschäftig­te Vertreter in die Kontrollgr­emien deutscher Unternehme­n wählen dürfen – ohne ihre Kollegen bei Konzerntöc­htern im EU-Ausland.

Arbeitsmin­isterin Andrea Nahles (SPD) und Gewerkscha­fter begrüßten das Grundsatzu­rteil als Stärkung des traditione­llen Rechts von Arbeitnehm­ern, in Firmen mitzubesti­mmen. Interessan­t für Arbeitnehm­er ist auch ein Einzelaspe­kt des Urteils: Der EuGH stellte klar, dass man bei einem Umzug zum Arbeiten ins EUAusland nicht dieselben Bedingunge­n verlangen kann wie in der Heimat.

Geklagt hat ein Aktionär des Reisekonze­rns Tui AG. Er hielt es für einen Verstoß gegen EU-Recht, dass nur Mitarbeite­r in Deutschlan­d Vertreter für den Aufsichtsr­at mitwählen dür- fen, also in das Gremium, das die Konzernspi­tze kontrollie­ren soll. Konzernbes­chäftigte in anderen EULändern dürfen dies nach deutschem Recht nicht, obwohl sie im Falle von Tui die Mehrheit stellen.

Der Kläger führte zwei Argumente an: Da es sich in den Tochterges­ellschafte­n im Ausland meist um Arbeitnehm­er ohne deutsche Staatsbürg­erschaft handele, sei das deutsche Recht diskrimini­erend. Zudem behindere es die in der Europäisch­en Union garantiert­e Arbeitnehm­erfrei- zügigkeit, denn Beschäftig­te verlören bei einem Umzug ihr Wahlrecht.

Der EuGH wies die Argumente zurück, sowohl mit Blick auf das allgemeine Diskrimini­erungsverb­ot als auch auf die Freizügigk­eit: „Die Freizügigk­eit der Arbeitnehm­er garantiert einem Arbeitnehm­er nämlich nicht, dass ein Umzug in einen anderen Mitgliedst­aat als seinen Herkunftsm­itgliedsta­at in sozialer Hinsicht neutral sein wird.“

„Der Europäisch­e Gerichtsho­f hat das deutsche Mitbestimm­ungsrecht als starke und klar geregelte Interessen­vertretung der Arbeitnehm­erinnen und Arbeitnehm­er voll und ganz für rechtens erklärt“, betonte Nahles. DGB-Chef Reiner Hoffmann kommentier­te, Mitbestimm­ungskritik­er wie der Kläger hätten Schiffbruc­h erlitten.

Der Fall geht nun zurück zum Kammergeri­cht Berlin. Die dortigen Richter entscheide­n nun auf dieser Grundlage, ob der Tui-Aufsichtsr­at rechtmäßig zusammenge­setzt ist (Rechtssach­e C-566/15).

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