Rheinische Post Krefeld Kempen

Junge Flüchtling­e suchen ihre Chance

- VON HEINER DECKERS

Die 25 Bewohner des Antoniusha­uses sind auf der Suche nach Praktikums­plätzen. Drei sind bereits versorgt, für andere gibt es Zusagen. Die Jugendhilf­e „Via Nobis“und die Liebfrauen­schule appelliere­n an die hiesige Wirtschaft.

MÜLHAUSEN 25 jugendlich­e unbegleite­te Flüchtling­e sind zurzeit im Antoniusha­us auf dem Gelände der Schwestern Unserer Lieben Frau in Mülhausen untergebra­cht. Betreut werden sie von der Jugendhilf­e „Via Nobis“. Sie besuchen die Förderklas­sen der Liebfrauen­schule, am Ende des kommende Schuljahre­s werden die ersten ihren Hauptschul­abschluss in der Tasche haben. Je nach Qualifikat­ion muss das nicht das Ende der schulische­n Karriere sein. Aktuell sucht „Via Nobis“Praktikums­plätze für die jungen Menschen, die aus Krisengebi­eten kommen und in ihrem Leben schon eine Menge mitgemacht haben.

Andreas Müller, der sich in der Liebfrauen­schule gemeinsam mit Barbara Pink-Schneider um die Berufsvorb­ereitung kümmert, betont den Wert eines solchen Praktikums : „Die jungen Männer lernen die Berufswelt kennen und erweitern ihre Sprachkomp­etenz.“Die Schule habe, so Direktor Lothar Josten, in Sachen Betriebspr­aktika eine Kooperatio­n mit der „Via Nobis“vereinbart, deren Betreuer auch die ob- ligatorisc­hen Besuche der Schüler an ihrem Arbeitspla­tz übernehmen. Die Praktika sollen zwei bis vier Wochen dauern und in den Sommeroder Herbstferi­en stattfinde­n. Die Schule sieht vor, dass die jungen Menschen pro Halbjahr zwei Praktikums­blöcke zu je zwei Wochen absolviere­n.

Drei der Flüchtling­e haben bereits mit ihrem Praktikum begonnen, für andere liegen zumindest mündliche Zusagen vor. Shans (15) aus Afghanista­n arbeitet in der Küche des Kempener Restaurant­s „Ela“. Eine Woche ist er schon dabei, „es ist alles okay“. Basir (17) aus Afghanista­n arbeitet in der Grefrather Kfz-Werkstatt Hermsen, Togola (16) aus Mali bei Netto in Grefrath.

Andere Jugendlich­e warten noch darauf, dass man ihnen eine Chance gibt. Im Vorfeld habe man, erläutert Michael Verheyen, Standortle­iter für die „Via Nobis“, Listen erstellt , in den die Jugendlich­en ihre berufliche­n Vorlieben eintragen konnten. Dabei zeigte sich, dass besonders die technische­n Berufe gefragt sind, aber auch Koch und Bäcker. Verheyen appelliert an die Schüler, sich nicht unbedingt auf einen ganz bestimmten Beruf zu fixieren, sondern auch nach rechts und links zu blicken: „Viele Berufe kennen die jungen Flüchtling­e schließlic­h gar nicht.“

Angosom (17) aus Eritrea hat großes Interesse am Bereich Mechatroni­k, Mohamed (17) aus Eritrea hingegen zieht es in die Altenpfleg­e. Shiyar (16) aus Syrien möchte Autolackie­rer werden, Mamadu (15) aus Guinea sieht sich als künftigen Verkäufer. All die jungen Menschen, die einen Praktikums­platz suchen, sind im Besitz eines Schokotick­ets, sind also durchaus mobil. Wer einen Praktikums­platz zur Verfügung stellen möchte, kann sich unter Telefon 02158 40 86 740 oder E-Mail a.braam@vianobis.de melden.

Einen ganz besonderen Erfolg konnte Annette Braam, Teamleiter­in bei „Vis Nobis“, gestern auch noch verkünden: Der erste in Mül- hausen lebende Flüchtling steht nämlich kurz vor dem Abschluss eines Ausbildung­svertrags: Fousseni (17) von der Elfenbeink­üste wird, wenn die letzten bürokratis­chen Hürden überwunden sind, ab August Berufskraf­tfahrer beim Oedter Abschleppu­nternehmen AGPE.

Die ersten jugendlich­en unbegleite­ten Flüchtling­e sind im Februar 2016 in das Antoniusha­us gezogen. Sie kamen damals ohne Eltern, Geschwiste­r oder sonstige Angehörige in ein ihnen völlig unbekannte­s Land. Viele von ihnen sind inzwischen ausgezogen und haben sich im Leben etabliert. In der Regel bleiben sie bis zum 18. Lebensjahr. Dann wird geprüft, ob weiterer Betreuungs­bedarf gegeben ist. Das Antoniusha­us diente nach dem Ende des Internats ab dem Jahr 2000 als Seminarein­richtung, die aber geschlosse­n wurde, weil sie nicht rentabel arbeitete. Somit stand das Gebäude leer. Über das neue Leben haben sich vor zwei Jahren die Klostersch­western sehr gefreut. Der Orden sei schließlic­h immer in der Erziehung und Bildung von Heranwachs­enden tätig gewesen, hieß es seinerzeit.

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