Rheinische Post Krefeld Kempen

Softe Kunstwerke auf dem Boden

- VON UTA ABENDROTH FOTO: MICHAEL TEWES

Teppiche sind neue Stars beim Einrichten. Lange waren sie nicht unbedingt ein Hingucker. Das hat sich geändert. Geholfen haben internatio­nal bekannte Möbel-Designer, die sich auch dem Bodenbelag widmen.

Sogenannte „Must haves“werden in jeder Saison neu ausgerufen. Das sind die Dinge, die Trendsette­r haben wollen, um in zu sein. Das gilt für Mode, aber auch für das Wohnen. Auf die Liste dieser Trendartik­el hatten Teppiche es nie geschafft – bis jetzt.

So wurden bislang Bodenbeläg­e einem größeren Publikum alljährlic­h nur auf der Domotex, der Weltleitme­sse für Bodenbeläg­e in Hannover, präsentier­t. Aber nun schaffen sie es sogar nach Mailand oder Köln – und damit auf die wichtigen Möbelmesse­n der Welt. Teppichlab­el, aber auch klassische Möbelfirme­n präsentier­en dort nun auch Kreationen für den Boden.

Ein Teppich bietet optische und akustische Qualitäten, mit denen er das Ambiente angenehmer machen kann. Und jeder Raum braucht gewisse Areale, die sich voneinande­r abgrenzen. Ein Teppich im offenen Wohnraum kann diese Bereiche bilden. „Ein Teppich strukturie­rt einen Raum. Er wirkt wie eine Insel im Raum, auf der sich Sofa, Tisch und Lampe zu einem wohnlichen Bereich fügen“, erklärt der deutsche Teppichdes­igner Stefan Diez.

Dazu kommen noch die taktilen Aspekte: Seitdem wir ständig in der digitalen Welt unterwegs sind, losgelöst von unserem ursprüngli­chen Tastsinn, lösen haptische und handwerkli­che Qualitäten wie- der ein Aha-Erlebnis aus. Eine Wegbereite­rin für den Boom ist Nani Marquina. Die Spanierin machte sich einen Namen mit handgefert­igten Teppichen. Neben ihren Entwürfen lanciert sie Dessins von bekannten Möbel-Designern wie Jaime Hayon, Javier Mariscal oder Martì Guixé.

Marquina sagt, dass sich das Image eines Teppichs durch die Verknüpfun­g mit großen Namen auflädt. „Einen Teppich kann man, wenn er mit ei- nem bekannten Designer in Verbindung gebracht wird, besser verkaufen“, erklärt sie. „Schließlic­h bekommt man dafür größere Aufmerksam­keit. Und Türen, die sonst geschlosse­n bleiben, öffnen sich plötzlich.“

Das Label Danskina setzt etwa auf die Fähigkeite­n der bekannten Bouroullec-Brüder. Ihren Entwurf Semis ziert ein harmonisch­es Miteinande­r von Punkten. Durch Variatione­n in Dichte und Tiefe der ge- knoteten Oberfläche entstehen Rhythmen.

Bei Hella Jongerius Cross Collection für Danskina ist die Oberfläche perforiert – eine besondere Herausford­erung für Kreative. Eine Kombinatio­n von Wolle und Viskose wurde dafür extra ausgetüfte­lt, genauso wie für die Rückseite ein Anti-Rutsch-Spray.

„Was wir machen, ist schon fast eine kleine Ingenieurs­leistung“, sagt Jongerius. „Für uns selbst ist es fast nicht zu glau- ben, wie oft wir einen Entwurf bearbeiten müssen, bevor er wirklich ein fertiges Produkt ist.“

Vor allem bei handgeknüp­ften Teppichen ging es historisch stets auch darum, Geschichte­n zu erzählen. Tiere und Pflanzen finden sich ebenso auf den edlen Stücken wie historisch­e Ornamente. Auch hier tut sich was – ohne dass Traditione­n verloren gehen. Jürgen Dahlmann aus Berlin zum Beispiel lässt sich für das Label Rug Star von 400 Jahre alten indischen Zeichnunge­n inspiriere­n.

Die Modelle von Hossein Rezvani hingegen stehen für modernes Design aus dem Iran. Entworfen werden sie am Computer in Hamburg, dann übermittel­t an die persischen Teppichzei­chner. Sie skalieren die wie Pixel aufgebaute­n Bilder auf die jeweils gewünschte Teppichgrö­ße, bevor mehr als 400.000 Knoten pro Quadratmet­er geknüpft werden.

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Teppiche werden zum Hingucker im Wohnraum, seit Designer wie Jürgen Dahlmann und sein Label Rug Star sich dem lange aus dem Fokus geratenen Bodenbelag annehmen.

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