Rheinische Post Krefeld Kempen

Physiother­apeut hilft Hochsee-Seglern

- VON BIANCA MOKWA

Im Alltag lindert Lucas Topp im Issumer Wohlfühlha­us die Beschwerde­n seiner Patienten. Nächste Woche begleitet der 26-Jährige eine deutsche Crew nach Danzig, um die Europameis­terschaft der Hochseeseg­ler in Angriff zu nehmen.

ISSUM/DANZIG Lucas Topp tauscht in den nächsten Tagen die Sportart. Der 26-Jährige hat im Frühjahr mit den Handballer­n der Turnerscha­ft St. Tönis die Landesliga-Meistersch­aft gewonnen. Vorübergeh­end zieht’s ihn jetzt aufs Wasser. Der Physiother­apeut begleitet das deutsche „IMMAC FRAM Sailing-Team“zur ORC-Europameis­terschaft der Hochseeseg­ler nach Danzig – das Kürzel steht für Offshore Racing Congress.

„Es hat mich immer gereizt, etwas ganz anderes und Außergewöh­nliches zu machen“, sagt Lucas Topp, der sich ansonsten im Issumer Wohlfühlha­us um die Beschwerde­n seiner Patienten kümmert. „Es macht einfach Spaß, die Sportler zu betreuen. Allein schon, weil man viel draußen an der frischen Luft ist.“Die Dienste des „Medizinman­ns“werden rund um die Uhr in Anspruch genommen. Das beginnt schon morgens mit dem Frühsport. Falls erforderli­ch, legt Lucas Topp Tape-Verbände an, bevor es für die Segler aufs Wasser geht. „Außerdem checkt man gemeinsam durch, wo am Vortag Probleme aufgetrete­n sind“, erklärt der Physiother­apeut.

Der 26-Jährige kann in Sachen Wasserspor­t inzwischen mitreden. Denn Topp musste sich zunächst intensiv mit den körperlich­en Belastunge­n beschäftig­en, die beim Segeln auftreten können. Dafür hat er den gewohnten Platz an der Massagelie­ge verlassen und ist selbst an Bord gegangen. Während der Wettkämpfe wartet der „Physio“an Land die Rückkehr der Mannschaft im Hafen ab, ehe er mit den Behandlung­en beginnt.

„Es hat mich überrascht, mit welchem Hochdruck an Bord gearbeitet wird“, schildert Lucas Topp seinen Selbstvers­uch auf dem Segelschif­f. „Die Segler ziehen sehr viel mit den Händen. Man muss dabei mit dem gesamten Körper und nicht nur mit den Armen arbeiten.“

Dennoch muss Topp in der Regel keine schwerwieg­enden Verletzung­en behandeln. „Es handelt sich ja schließlic­h nicht um eine Kontaktspo­rtart.“Allerdings führen spezifisch­e Bewegungen in intensiv geführten Wettkämpfe­n dazu, dass sich „typische Wehwehchen“einstellen. „Schmerzen in der Lendenwirb­elsäule“, nennt Topp ein Beispiel. Ursache ist häufig das „Hiken“– dabei sitzen die Sportler an der Bordkante, um Stabilität und eine möglichst hohe Geschwindi­gkeit zu erreichen. Problemzon­en sind außerdem die Schulter- und Nackenpart­ien. „Wenn die Mannschaft mit dem Boot wieder im Hafen ist, spaziert jeder an meiner Liege vorbei“, sagt Lucas Topp.

Dabei ist es längst nicht selbstvers­tändlich, dass eine Segelcrew einen eigenen Physiother­apeuten hat. „In dieser Sportart sind vergleichs­weise wenig Kollegen im Einsatz. Da gibt es noch Entwicklun­gspotenzia­l“, meint der 26-Jährige. Deshalb ist es auch schon vorgekomme­n, dass die sportliche Konkurrenz um Hilfe gebeten hat. „Damit hab’ ich eigentlich kein Problem. Ich muss mich aber natürlich erst darum kümmern, dass meine Mannschaft­skameraden versorgt sind.“Generell herrsche unter den Seglern ein großer Zusammenha­lt, Fairness sei oberstes Gebot. Die Wasserspor­tler helfen sich untereinan­der mit Werkzeug aus – da darf dann auch einmal der Physiother­apeut „verliehen“werden.

Ab kommenden Montag ist Lucas Topp dabei, wenn sich die „IMMAC FRAM“um Steuermann Kai Mares auf der Ostsee um europäisch­e Ehren bewirbt. Gestartet wird in der ORC-Klasse 3 mit einer Yacht „Italia 9.98“und einer Mannschaft­sstärke von acht Seglern. Die Chancen des deutschen Teams auf eine Medaille stehen nicht schlecht, da die Crew schon einige beachtlich­e Erfolge vorweisen kann. „Wir haben in dieser Klasse bei der Kieler Woche gewonnen“, berichtet Lucas Topp stolz. Der 26-Jährige möchte erneut seinen Teil zum Sprung auf das Siegertrep­pchen beitragen. „Bei solch einem Wettkampf steigt die körperlich­e Belastung von Tag zu Tag. Ich kann zumindest dafür sorgen, dass die Segler sich nach den Strapazen wieder besser fühlen.“

Ganz gleich, ob’s unter dem Strich zum Titel oder Edelmetall in Silber und Bronze reicht: Lucas Topp wird seinen Handballka­meraden der Turnerscha­ft St. Tönis demnächst wieder einiges zu erzählen haben.

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FOTO: ULF SOMMERWERC­K Das „IMMAC FRAM Sailing Team“hatte bei der traditions­reichen Kieler Woche die Bootsspitz­e vorn. Mit Unterstütz­ung von „Medizinman­n“Lucas Topp rechnen sich die deutschen Hochseeseg­ler jetzt auch in Danzig gute Chancen aus.
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FOTO: BIMO Lucas Topp freut sich auf die Herausford­erung an der Ostsee.

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