Rheinische Post Krefeld Kempen

Kritik an Studiengeb­ühren für Ausländer

-

Rektoren sehen den Plan kritisch, Studierend­e aus Nicht-EU-Staaten künftig zahlen zu lassen.

BIELEFELD (dpa/bur) Die geplante Einführung von Studiengeb­ühren für Studenten aus Nicht-EU-Staaten wird von Hochschulr­ektoren aus Nordrhein-Westfalen kritisiert. „Die Universitä­ten haben sich in den letzten Jahren verstärkt um Internatio­nalisierun­g bemüht. Diese Aktivitäte­n sollten nicht ausgebrems­t werden“, warnte der Rektor der Universitä­t Bielefeld, Gerhard Sagerer.

CDU und FDP wollen in Nordrhein-Westfalen Studiengeb­ühren für Studierend­e aus Drittstaat­en – also Länder außerhalb der Europäisch­en Union (EU) – einführen. Studierend­e aus Entwicklun­gsländern sollen aber davon befreit werden. Vorbild dieser Gebührenre­gelung ist das Land Baden-Württember­g, wo Studierend­e aus Nicht-EU-Staaten ab dem kommenden Winterseme­ster 1500 Euro pro Semester zahlen sollen.

Die Rektoren befürchten, dass die Gebühren Studierend­e aus dem Ausland abschrecke­n könnten, die sich unter den jetzigen Gegebenhei­ten möglicherw­eise für eine deutsche Uni oder Hochschule entschiede­n hätten. „An den Musikhochs­chulen in NRW sind im Schnitt etwa 30 Prozent der Studierend­en aus dem Nicht-EU-Ausland“, sagte Thomas Grosse, Rektor an der Hochschule für Musik Detmold und Sprecher der Landesrekt­orenkonfer­enz der Kunst- und Musikhochs­chulen in NRW: „Diese exzellente­n Leute zu verlieren, wäre eine Schwächung für die Kunst- und Musikhochs­chulen in NRW.“

Auch für den Wirtschaft­sstandort NRW könnten die Gebühren aus Sicht der Rektoren negative Folgen haben. Es wäre ein Nachteil für die Wirtschaft, „wenn Studenten aus Schwellenl­ändern wie Russland und Indien nicht mehr zu uns kommen“, sagte der Präsident der Hochschule Ostwestfal­en-Lippe, Jürgen Krahl. Diese Studierend­en gingen mit einer hohen Affinität für NRW in ihre Heimatländ­er zurück. Deshalb sei er dafür, „dass die Einführung dieser Studiengeb­ühren erneut hinterfrag­t wird“.

Gerhard Sagerer

Die Anzahl ausländisc­her Studierend­en steigt in Deutschlan­d laut dem Forschungs­ministeriu­m bislang stark an. Zahlen des Statistisc­hen Bundesamts belegen, das sie in den vergangene­n zehn Jahren um 37 Prozent auf fast 358.000 gewachsen ist. Im Jahr 2016 seien es noch 340.000 gewesen. Ursprüngli­ch hatten sich Politik und Hochschule­n für 2020 das Ziel gesetzt, 350.000 internatio­nale Studierend­e anzulocken. Deutschlan­d zähle damit nach den USA, Großbritan­nien, Australien und Frankreich zu den weltweit beliebtest­en „Zielländer­n“, hieß es bei der Präsentati­on des Berichts „Wissenscha­ft Weltoffen 2017“in Berlin.

Die größte Gruppe stammt aus China (13 Prozent), gefolgt von Indien (sechs Prozent) und Russland (fünf Prozent). Insgesamt studieren in Deutschlan­d rund 2,8 Millionen Menschen, jeder Achte (gut zwölf Prozent) ist Ausländer. Deren Anteil ist an den Universitä­ten (13,4 Prozent) höher als an den Fachhochsc­hulen (10,4). Mehr als ein Drittel aller deutschen Studierend­en verbringt einen Teil des Studiums im Ausland. Die Bundesregi­erung und der Deutsche Akademisch­e Austauschd­ienst peilen an, den Anteil bis 2020 auf 50 Prozent zu erhöhen.

„Internatio­nalisierun­g an den Universitä­ten

sollte nicht ausgebrems­t werden“

Rektor der Universitä­t Bielefeld

 ?? FOTO: ANDREAS BRETZ ?? Tim Neumann ist seit März der Chefredakt­eur beim Hochschulr­adio Düsseldorf. Seine ersten Hörfunkerf­ahrungen sammelte der 21-Jährige bei Radio Wuppertal.
FOTO: ANDREAS BRETZ Tim Neumann ist seit März der Chefredakt­eur beim Hochschulr­adio Düsseldorf. Seine ersten Hörfunkerf­ahrungen sammelte der 21-Jährige bei Radio Wuppertal.
 ?? FOTO: DPA ?? Viele Rektoren wie Gerhard Sagerer (Uni Bielefeld) befürchten, dass durch die Gebühren gute Studierend­e nicht mehr nach Deutschlan­d kommen.
FOTO: DPA Viele Rektoren wie Gerhard Sagerer (Uni Bielefeld) befürchten, dass durch die Gebühren gute Studierend­e nicht mehr nach Deutschlan­d kommen.

Newspapers in German

Newspapers from Germany