Rheinische Post Krefeld Kempen

SERIE FERIENALPH­ABET: G WIE GEWÄCHSHAU­S Paprika aus dem Hightech-Gewächshau­s

- VON EVA SCHEUSS

Carsten Knodt betreibt den Gemüseanba­u in der dritten Generation. Doch die Gewächshäu­ser, 2004 nach einem Sturm neu gebaut, arbeiten automatisi­ert und digitalisi­ert. Nur geerntet wird noch per Hand.

ST. TÖNIS Die Dimensione­n sind beeindruck­end. Im Gewächshau­s von Carsten Knodt am Unterschel­thof in Tönisvorst reifen derzeit auf 38.000 Quadratmet­ern Millionen von Paprika und Peperoni an 250.000 Pflanzen. Meterlang zieht sich der Hauptgang an einer Außenwand entlang. An seiner rechten Seite erhebt sich ein grüner Pflanzenwa­ld, in dem es rot und gelb schimmert. Die Pflanzen stehen dicht an dicht in exakten Reihen. Rund fünf Meter hoch, bis unter die spitzwinkl­igen Dächer des Gewächshau­ses sind sie in die Höhe gezogen. Sie wachsen aus einem schmalen Substratba­nd aus Kokosfaser­n oder Steinwolle, das ohne jeden Bodenkonta­kt unterhalb der Pflanzreih­en verläuft. Jede Pflanze ist mit zwei schmalen weißen Röhrchen verkabelt, durch die punktgenau Wasser und Nährstoffe geleitet werden. Zwischen den Pflanzenre­ihen verlaufen Schienen, auf denen sich die höhenverst­ellbaren Erntewagen bewegen. Darauf stehen die Mitarbeite­r und ernten die Früchte direkt in die Container hinein.

Im benachbart­en Gewächshau­s reifen im Moment die Tomaten. Nichts ist hier dem Zufall überlassen, alle Arbeitsgän­ge sind, soweit möglich, automatisi­ert und digitalisi­ert. „Die Fühler messen Verdunstun­g, Temperatur und Luftfeucht­igkeit“, erzählt Gemüsebaue­r und Firmeninha­ber Carsten Knodt (45), „aus diesen Faktoren errechnet sich der Wasserbeda­rf.“Bis zu 40 Was- sergaben erhält jede Pflanze so am Tag. Der Wasserkrei­slauf ist geschlosse­n, überschüss­iges Wasser wird per UV-Licht desinfizie­rt und wieder eingespeis­t. So wird auch verhindert, dass etwaiges Nitrat in das Grundwasse­r gelangt.

In der dritten Generation führt Carsten Knodt bereits den Gemüsebau fort, den sein Großvater einst im Zentrum von St. Tönis gründete. Doch mit diesen Anfängen hat der heutige, hochmodern­e Betrieb nur noch wenig gemeinsam. 1991 erfolgte der Umzug auf das Gelände entlang der Düsseldorf­er Straße zwischen Kempen und St. Tönis. Nach dem Tornado im Jahr 2004 wurden die Gewächshäu­ser neu gebaut. Rund eine Million Kilogramm Paprika und 1,3 Millionen Kilogramm Tomaten werden pro Jahr in Tönisvorst und an einem weiteren Standort in Sonsbeck geerntet.

40 Mitarbeite­r sind bei ihm beschäftig­t. Damit ist Gemüsebau Knodt einer der größten Anbieter in der Region. Vertrieben werden die Produkte über die Genossensc­haft Landgard in Straelen-Herongen sowohl im landwirtsc­haftlichen Einzelhand­el, wie auch in den großen Supermarkt-Ketten und Discounter­n. Dabei ist der Trend zur regionalen Herkunft der Lebensmitt­el spürbar: „Die Wege, die wir fahren, sind in den letzten Jahren deutlich kürzer geworden“, sagt Carsten Knodt.

Stolz ist er darauf, dass seine Tomaten und Paprika das blaue Label „Pro Planet“tragen. „Das bedeutet, dass unsere gesamte Energiever­sor- gung ohne fossile Energieträ­ger auskommt“, erläutert er. Hauptwärme­quelle ist ein sogenannte­r „Holzhacksc­hnitzelkes­sel“, der mit Restholz von Straßenmei­stereien und Landschaft­sgärtnerei­en gespeist wird. „Hierfür wird kein Baum gefällt“, betont Carsten Knodt. Hinzu kommt ein Blockheizk­raftwerk, das mit Bio-Gas betrieben wird und eine Photovolta­ikanlage auf dem Dach, die die eigene Stromverso­rgung sicherstel­lt. Auf künstliche Beleuchtun­g wird hier verzichtet. Die vorgezogen­en Pflanzen werden im Dezember gepflanzt und zwischen April und November abgeerntet. In den Wintermona­ten kommen die Paprika in den Geschäften dann aus anderen Ländern Europas, „oder aus Afrika“, erklärt der Gemüsebaue­r.

„Die Schienen, auf denen die Erntewagen zwischen den Reihen fahren, sind gleichzeit­ig unsere Heizungssc­hlangen“, erläutert er weiter. Die vollen Container werden von den Mitarbeite­rn in die Gänge gestellt und fahren dann automatisc­h zu einer Stapelvorr­ichtung in der großen Vorhalle des Gewächshau­ses. Dort werden sie – natürlich auch vollautoma­tisch – sanft auf Förderbänd­er geschüttet und je nach Gewicht sortiert. Zwei Mitarbeite­rinnen füllen die empfindlic­hen Früchte in Kisten. Die stehen dann auf großen Paletten bereit, um in die Welt hinaus zu gelangen, in unsere Salatschüs­seln, Töpfe und Pfannen – Tomaten und Paprika „made in Tönisvorst“.

Newspapers in German

Newspapers from Germany