Rheinische Post Krefeld Kempen
Herrschaft des Rechts
Das Urteil des Europäischen Gerichtshofes zum europäischen Asylsystem ist auch ein Erfolg für Bundeskanzlerin Angela Merkel. Die Vorwürfe aus der CSU, mit ihrer Flüchtlingspolitik sei im Sommer 2015 eine „Herrschaft des Unrechts“in Deutschland eingezogen, wurden nun von höchstrichterlicher Stelle widerlegt. Es war rechtmäßig, dass Angela Merkel Flüchtlinge aus Ungarn nach Deutschland weiterreisen ließ.
Ob es politisch klug war, ist indes eine andere Sache. Denn Merkel hebelte mit ihrem Alleingang nicht juristisch, aber doch de facto das Dublin-Verfahren aus. Demnach muss ein Asylbewerber dort den Asylantrag stellen, wo er erstmals die EU betritt. Kein Staat an der Außengrenze fühlte sich nach Merkels Solo daran gebunden. Die „Politik des Durchwinkens“der Flüchtlinge in die vermeintliche Wohlfahrtsinsel Deutschland existiert noch immer, wenn auch in geringerem Maße.
Es gibt nur zwei Optionen: Entweder Deutschland schickt rigoros Flüchtlinge, die über einen EU-Staat eingereist sind, wieder in diesen Staat zurück. Oder die Kanzlerin muss eine neue Lastenverteilung in der 27-er EU umsetzen. Letzteres dürfte kaum gelingen. BERICHT ASYL-URTEIL: MERKEL HANDELTE LEGAL, TITELSEITE
Gleiche Regeln für alle
Die AfD ist eine Partei, die es bei vielen Dingen sehr genau nimmt. Stets befürchtet sie Gesetzesverstöße, Unrechtmäßigkeiten oder moralische Vergehen. Erst diese Woche legte die NRW-AfD medienwirksam Einspruch gegen das Ergebnis der Landtagswahl ein. Die AfD glaubt, dass bei ihren falsch ausgezählten Stimmen in einigen Wahlbezirken „mehr als Zufall im Spiel gewesen sein könnte“. Wer andere anschwärzt, sollte allerdings selbst eine weiße Weste haben.
Nach Debatten um AfD-Listen in mehreren Bundesländern, in denen auch parteiintern viel mit Schmutz geworfen wurde, ist die saarländische Liste tatsächlich für ungültig erklärt worden – weil Grundlagen des Bundeswahlrechts nicht eingehalten worden waren. Der Fehler konnte korrigiert werden, in NRW wäre das nicht möglich – obwohl der Vorstand offenbar auf Verstöße gegen die eigene Satzung hingewiesen wurde. Dass die AfD diese Fehler einerseits macht und andererseits hinnimmt, zeugt nicht gerade von dem Politikverständnis, das sich die selbst ernannten Basisdemokraten so gern zuschreiben. BERICHT ÄRGER UM WAHLLISTE DER NRW-AFD, TITELSEITE
Innovationspeitsche
Die Kanzlerin hätte die Chance, beim DieselGipfel durchzustarten. Sie könnte mit den Konzernen den Einstieg in den Diesel-Ausstieg vereinbaren. Gemeinsam könnte man an die Spitze einer europaweiten Bewegung fahren. Nach Frankreich kündigte gestern auch Großbritannien an, aus dem Diesel auszusteigen. Selbst in der deutschen Industrie denken die ersten um: Volvo und Porsche läuten Abschiedsglocken. Ihnen geht es nicht darum, heute Autos stillzulegen, sondern eine Perspektive für 2040 zu entwickeln. Ein Ausstiegsdatum als Innovationspeitsche hat schon oft funktioniert, wenn die Vorlaufzeit lang genug ist.
Doch die Kanzlerin kneift. Dass sie dem Gipfel fernbleiben will, zeigt bereits, was er bringen wird: nichts. Die Branche will Software-Updates zusagen, der Verkehrsminister die Krise für gelöst erklären. Doch der Kartell-Verdacht macht den Plan zunichte. Abgas-Tricks waren vielen Fahrern vielleicht egal, Fahrverbote und Preiseinbrüche aber machen sie sauer. Mit „Wir sagen nichts zu Spekulationen“werden Konzerne und Minister nicht davon kommen. BERICHT GROSSBRITANNIEN WILL DIESEL VERBIETEN, TITELSEITE