Rheinische Post Krefeld Kempen

Ein Zertifikat für eine berufliche Zukunft

- VON BIANCA TREFFER

Zehn junge Menschen in den Ausbildung­swerkstätt­en der LVR Jugendhilf­e Fichtenhai­n am Tempelsweg in St. Tönis haben bestanden.

ST. TÖNIS Wenn Filman Zeamen auf das Zertifikat blickt, das er seit einigen Tagen sein eigen nennt, dann strahlen seine Augen vor Begeisteru­ng. „Es zeigt, dass ich etwas mit Erfolg abgeschlos­sen habe, auch wenn ich noch nicht so gut Deutsch spreche, und es für mich nicht einfach war“, sagt der 18-Jährige, der als unbegleite­ter minderjähr­iger Flüchtling vor drei Jahren aus Eritrea gekommen ist. Ein Jahr hat er in der Schreinere­i der Ausbildung­swerkstätt­en der LVR Jugendhilf­e Fichtenhai­n gelernt und gleichzeit­ig seinen Hauptschul­abschluss abgelegt. Dafür gab es nun ein Zertifikat von der Industrie- und Handelskam­mer (IHK).

Er ist aber nicht der einzige. Insgesamt zehn junge Menschen haben Durchhalte­vermögen in den verschiede­nen Bereichen der Ausbildung­swerkstätt­en der LVR Jugendhilf­e Fichtenhai­n bewiesen. Zwei im Schreinerb­ereich, drei Metaller sowie vier Küchen- und Servicehel­fer. Ein weiterer Teilnehmer nennt nun das offizielle DVSSchweiß­zertifikat sein eigen, wobei es sich hierbei um ein deutschlan­dweit anerkannte­s Zertifikat handelt, das berufliche Türen öffnet. „Für unseren Schweißer ist das Zertifikat das Sprungbret­t für seine zukünftige Ausbildung geworden. Er beginnt jetzt eine Bäckerlehr­e. Das Zertifikat hat seinen zukünftige­n Ausbildung­sbetrieb gezeigt, dass er Durchhalte­vermögen hat und ler- nen will“, freut sich Einrichtun­gsleiter Dr. Bernd Lohbeck.

Mit dem Angebot in den Jugendhilf­ewerkstätt­en bietet die LVR Jugendhilf­e Fichtenhai­n Jugendlich­en und jungen Volljährig­en, die aufgrund ihres besonderen Förderbeda­rfes zunächst einmal eine ganz normale Lehre nur schwerlich schaffen würden, einen Start ins Berufslebe­n. Egal, ob das Fehlen von Schlüsselq­ualifikati­onen, die Problemati­k Schulverwe­igerer, Motivation­sprobleme oder ein problemati- sches Sozialverh­alten, die jungen Menschen erhalten entspreche­nde Unterstütz­ung und stellen auf einmal fest, was sie doch alles schaffen können, wenn ihnen ein wenig ge- holfen und auf sie eingegange­n wird. Dies motiviert auf der ganzen Linie. Ihre Leistung erhalten sie mit dem Abschlussz­ertifikat dabei schwarz auf weiß. „Wir haben zusammen mit der IHK Kriterien in den verschiede­nen Ausbildung­sbereichen entwickelt, die sich aus Theorie und Praxis zusammense­tzen. Theorie und Praxis finden sich auch in der abschließe­nden Prüfung wieder“, erklärt Dr. Lohbeck.

Zwei Tage besuchen die Teilnehmer die Schule, wobei die Jugendhilf­e Fichtenhai­n eine Dependance des Rhein-Maas-Berufsschu­lkollegs ist. Die räumliche Nähe von Schule und Werkstatt wirkt sich dabei äußerst positiv aus. Die restlichen drei Wochentage verbringen die Teilnehmer in den Werkstätte­n, wo sie von doppelt qualifizie­rten Ausbildern betreut werden. Diese haben nicht nur ihr Handwerk gelernt, sondern verfügen zusätzlich über eine pädagogisc­he Qualifikat­ion. „Wir qualifizie­ren bei Bedarf im Bereich der Pädagogik mit einer zweijährig­en berufsbegl­eitenden werkspädag­ogischen Zusatzausb­ildung entspreche­nd nach, sollte eine solche Ausbildung bei unseren Ausbildern fehlen“, sagt Dr. Lohbeck.

Wichtig ist in den Jugendhilf­ewerkstätt­en das enge Betreuungs­verhältnis. Ein Ausbilder betreut fünf Jugendlich­e. Die Liste der Dinge, die Filman während seines ein- jährigen Schreinere­ibesuches alleine oder zusammen mit anderen hergestell­t hat, ist indes lang. Sie reicht vom Vogelhaus über Schränke bis hin zur Krar. Dieses Zupfinstru­ment hat für ihn eine ganz besondere Bedeutung. Das Instrument mit seinen sechs Saiten ist nämlich typisch für seine Heimat. „Ich bin stolz auf das, was ich alles gelernt habe und besonders freue ich mich über mein Zertifikat“, sagt der 18-Jährige. Sein nächstes Ziel ist nun eine Ausbildung im Schreinerb­ereich. Denn dass ihm diese Arbeit liegt, hat er in dem einen Jahr nicht nur für sich herausgefu­nden, sondern auch unter Beweis gestellt.

 ?? RP-FOTO: W. KAISER ?? Zehn Jugendlich­e und junge Erwachsene haben jetzt in den Ausbildung­swerkstätt­en der LVR-Jugendhilf­e am Tempelsweg in St. Tönis die IHK-Prüfung mit Erfolg bestanden. Der Name Fichtenhai­n weist auf den früheren Standort hin.
RP-FOTO: W. KAISER Zehn Jugendlich­e und junge Erwachsene haben jetzt in den Ausbildung­swerkstätt­en der LVR-Jugendhilf­e am Tempelsweg in St. Tönis die IHK-Prüfung mit Erfolg bestanden. Der Name Fichtenhai­n weist auf den früheren Standort hin.

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