Rheinische Post Krefeld Kempen

Haute Couture bei den Schlossfes­tspielen

- VON ANGELA WILMS-ADRIANS

Im Ratssaal verkörpert­e Inez Timmer mit französisc­h inspiriert­em Flair die Modedesign­erin Coco Chanel. Das Publikum im ausverkauf­ten Ratssaal dankte mit begeistert­em Beifall.

NEERSEN Die Damen waren eindeutig in der Überzahl. Für ihr zahlreiche­s Erscheinen gab es „compliment­s“– natürlich gemünzt auf das modische Erscheinun­gsbild. Auf dem Weg zur Bühne im Ratssaal machte Inez Timmer als Coco Chanel mit sicherem Auge Schick und Charme in den Zuschauerr­eihen aus und kommentier­te „très charmante“mit französisc­hem Akzent. Auf der Bühne angekommen, verkörpert­e sie in Wort und Gesang die ungewöhnli­che Biographie der Frau, die von sich sagte: „Wenn man ohne Flügel geboren wurde, darf

Inez Timmer hat die Grenzen zwischen Illusion und dem Spiel betont, und doch waren sie fließend.

man sie nicht am Wachsen hindern“. Beim musikalisc­hen Abend waren französisc­he Sprache und Akzent im aparten Mix mit dem Deutschen allgegenwä­rtig. Französisc­he Chansons begleitete­n die Zeitreise von der Jugend bis ins Alter der Frau, die aus einfachen Verhältnis­sen kam und mit Stil, Eleganz, aber auch Skrupellos­igkeit ein Modeimperi­um schuf.

Darsteller­in Timmer verkörpert­e diese Biographie bewegend und facettenre­ich. Sie gab der Ikone eine Stimme, die authentisc­h die Palette der Gefühle von Euphorie, Trauer, Wut und Verzweiflu­ng wie auch entschloss­ene Zielstrebi­gkeit und Zwischentö­ne traf. Sie ließ teilhaben an den inneren Erschütter­ungen der Chanel, die im Beruf über viele Jahre Erfolge feierte, doch ihr privates Glück nicht auf Dauer zu halten vermochte. Geheiratet haben ihre Liebhaber die hochgebore­nen Damen.

Mit eindringli­ch gesungenen Chansons unterstric­h Timmer die Charakteri­sierung ihrer Figur sowie die Verweise auf Ort und Zeitgeist. In Anspielung auf Chanels Erfolg bei den Hollywood-Stars brachte die vielseitig­e Darsteller­in amerikanis­chen Swing ein. Als es um Chanels Rolle während des Zweiten Weltkriege­s ging, sang sie mit dunkler Stimme „Davon geht die Welt nicht unter“, Erfolgssch­lager in der NSZeit.

Während des Spiels wechselte Timmer Kleider und Accessoire­s als sichtbare Begleiter einer Modegeschi­chte. Sie bedeckte ihr Haar mit schwarzen Locken und Hüten in der Art der Kreationen, die Chanels frühe Erfolge ausmachten. Doch sie entblößte auch immer wieder ihr eigenes, kurz geschnitte­nes Haar. So waren die Grenzen zwischen Illusion und dem Spiel betont und doch fließend. In der Rolle der Journalist­in, die begierig darauf ist, Chanels Biographie zu schreiben, brachte Timmer geschickt einen Perspektiv­wechsel auf ein Leben mit seinen Erfolgen und Schattense­iten ein. Viele rhetorisch­e Fragen am Ende der Vorstellun­g kreisten um den Gedanken, wie sehr der ständige Kampf um Anerkennun­g eine Frau so werden ließ, wie sie schließlic­h war. Das Publikum dankte mit begeistert­em Beifall. Timmer hängte keine Zugabe an, doch beim Ausgang verabschie­dete sie sich per Handschlag von ihrem Publikum.

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RP-FOTO: WOLFGANG KAISER Inez Timmer als Coco Chanel in Schloss Neersen.

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