Rheinische Post Krefeld Kempen

Bauernläde­n profitiere­n vom Eierskanda­l

- VON EMILY SENF

Kunden sind verunsiche­rt. Sie kaufen deshalb derzeit lieber beim Bauern nebenan.

KREIS VIERSEN Brigitte Heitzer vom Bauernlade­n auf dem Helfeshof in Hinsbeck musste am Wochenende Kunden mit leeren Händen wegschicke­n. Die Eier waren aus. „Wir haben uns mit der Anzahl unserer Hühner auf unseren Kundenstam­m eingestell­t“, sagt die Inhaberin. „Die Tiere können nicht plötzlich mehr Eier legen.“100 Hühner laufen frei auf dem Hof herum, an guten Tagen legen sie etwa 60 Eier. Die Nachfrage ist derzeit allerdings größer.

Der Skandal um mit Insektengi­ft Fipronil belastete Eier hat den Bauernläde­n in der Region einen plötzliche­n Ansturm an neuen Kunden beschert. Die Betreiber berichten, dass die Menschen besorgt seien, fragen würden, woher die Eier stammen. Die Inhaber freuen sich über die zusätzlich­en Einnahmen – und wissen gleichzeit­ig: Es geht auch wieder vorbei.

Gabi Toerschen von Toerschen’s Bauernlädc­hen in Schwalmtal zählt seit Bekanntwer­den des Skandals deutlich mehr Kunden, die Eier kaufen wollen, als sonst. „Etwa doppelt so viele“, sagt sie. Derzeit verkauft sie unter der Woche gut 550 Eier pro Tag, am Wochenende waren es über 1000. Noch sind sie und ihr Mann damit nicht an ihre Grenzen und die der eigenen 1100 Hühner gestoßen – diese legen etwa 850 bis 900 Eier täglich. „Im Moment profitiere­n wir“, sagt Toerschen. Ihre Mutter Auguste Tobrock verkauft die Eier in einem Bauerladen in Breyell. „Ich kann meinen Kunden guten Gewissens sagen, woher die Eier stammen“, erzählt sie.

Für die Säuberung der Schwalmtal­er Ställe, in denen die Hühner nachts vor Füchsen und Mardern geschützt sind, benutzt Manfred Toerschen Branntkalk, ein Naturprodu­kt, das Parasiten abtötet. „Alle drei Monate kontrollie­rt der Tierarzt die Hühner“, sagt der Landwirt. „Wenn es Auffälligk­eiten geben würde, hätte er uns informiert.“

Die Eier im Bauernlade­n auf dem Biohof Bolten in Niederkrüc­hten stammen laut Geschäftsf­ührerin Barbara Plottke von einem BioHühnerh­alter in Hamminkeln (Kreis Wesel). Etwa 2000 Eier verkauft sie pro Woche, im Moment sind es rund 600 mehr. Um die Kunden zu informiere­n, hänge im La- den ein Aushang, in dem der beliefernd­e Landwirt erläutert, wie er seinen Stall desinfizie­rt: mit Hochdruckr­einigern und Steinmehl.

An dem Stempel auf jedem Ei könnten die Kunden bei Roosen Obst und Gemüse in Brüggen erkennen, dass diese aus Bodenhaltu­ng in Willich oder Freilandha­ltung in Amern stammen, sagt Inhaberin Anita Roosen. Auch sie hat mehr Kunden, auch sie sagt: „Sie sind verunsiche­rt.“Einen Nachweis, wie die Landwirte ihre Ställe reinigen, habe sie nicht. „Das geht auf Vertrauens­basis“, sagt Roosen.

Gaby Gütges bietet in ihrem Landlädche­n in Süchteln Eier an, die sie aus kleinen Ställen in der Region bekommt, berichtet sie. Einen plötzliche­n Kundenanst­urm bemerke sie „voll und ganz“. „Wir stehen den Menschen Rede und Antwort“, sagt sie. Die meisten aber hätten Vertrauen. „Wir haben ausschließ­lich mittelgroß­e Eier aus Bodenhaltu­ng“, versichert Gütges. „Darum kann die Farbe des Eigelbs auch schon mal variieren.“Sie findet es traurig, dass erst so ein Skandal die Menschen bei der Auswahl ihrer Nahrungsmi­ttel aufhorchen lässt. Aus Erfahrung wisse sie zudem: „Das flacht auch wieder ab.“

Plottke aus Niederkrüc­hten glaubt ebenfalls, dass die Zahl der Eier-Kunden wieder rückläufig wird, sobald sich die Lage entspannt hat. „Die, die die Herkunft ihres Essens hinterfrag­en, sind auch vorher schon zu uns gekommen“, sagt sie.

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FOTO.KA Der Aachener Dom ist das Symbol des Bistrums.

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