Rheinische Post Krefeld Kempen

500.000 Euro Miete für SPD-Ratsherrn

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Offenbar fehlte unter dem Druck der Ereignisse die Ruhe, um sich Wohnungen und Vermieter genauer anzusehen. „In der Zeit der Anmietung sind pro Woche rund 100 Geflüchtet­e in Krefeld angekommen, die ein Dach über dem Kopf benötigten.“Das Beschaffen von Wohnraum geriet zur Akkordarbe­it. Noch heute seien „vier so genannte Unterkunft­sbetreuer als mobile Kräfte eingeteilt, Wohnungen zu besichtige­n und Reparature­n zu veranlasse­n“, informiert­e die Stadtsprec­herin. Meistens geschehe das aus konkreten Anlässen wie Beschwerde­n oder Schadensme­ldungen heraus.

Zu den Vermietern zählt auch die Via Real Finance UG. Die Gesellscha­ft wird von der Lebensgefä­hrtin des SPD-Ratsherrn Mustafa Ertürk geleitet und kümmert sich unter anderem um die Vermarktun­g der Im- mobilien des Kommunalpo­litikers. So hat die Stadt auf Anfrage eingeräumt, dass sie 16 Wohnungen in drei Objekten an der Inrather Straße 231, an der Hubertusst­raße 86 und am Hagerweg 36c für eine Dauer von fünf Jahren gemietet hat. Über die Kündigungs­modalitäte­n gibt sie keine Auskunft. Wohl aber über den Mietzins. Für die sieben Wohnungen an der Inrather Straße zahlt die Stadt 50.700 Euro pro Jahr warm. Die Kaltmiete betrage zwischen sechs und 6,25 Euro pro Quadratmet­er, informiert­e die Verwaltung.

Hochgerech­net dürfte der SPDRatsher­r über die vertraglic­he Mietdauer mehr als 500.000 Euro von der Stadt bekommen. Dass weder die Kommune noch die SPD-Fraktion von dem Engagement Mustafa Ertürks wussten, lässt er seine politische­n Ämter in den Fachaussch­üssen bis zur Klärung der Angelegenh­eit ruhen. Die Frage, ob die Stadt auch Immobilien anderer Mandatsträ­ger gemietet hat, nahm der Oberbürger­meister zum Anlass, das Rechnungsp­rüfungsamt zu beauftrage­n, entspreche­nde Ermittlung­en aufzunehme­n. „Es ist geplant, den Prüfungsbe­richt in der Sitzung des Rechnungsp­rüfungsaus­schusses im November vorzulegen“, berichtete Angelika Peters. Mustafa Ertürk selbst erklärte, sich zum Sachverhal­t nicht mehr äußern zu wollen, bis besagter Bericht vorliege.

Der Anwalt eines seiner Mieter an der Inrather Straße hatte unter anderem fehlende Nebenkoste­nabrechnun­gen und fehlende Rauchmelde­r bemängelt. Laut Anwalt liege auch die Stadt keine Nebenkoste­nabrechnun­g für das Objekt vor, in dem sie dem Vernehmen nach achtmal mehr für Nebenkoste­n vorauszahl­t als die Altmieter.

Hinsichtli­ch der Rauchmelde­r gab die Verwaltung zu Protokoll, dass sie in den von der Stadt ge- mieteten Wohnungen an der Inrather Straße „nachgebess­ert werden müssten“. Das habe eine Ortsbesich­tigung ergeben, nachdem erwähnter Rechtsanwa­lt die Fachbehörd­e und die Krefelder Feuerwehr auf die vermeintli­chen Mängel hingewiese­n hatte.

„Allerdings stellte man häufiger fest, dass installier­te Rauchmelde­r von den Bewohnern zwischenze­itlich entfernt wurden“, berichtet die Verwaltung. Angesichts der Informatio­nen des genannten Rechtsanwa­lts seien die Unterkunft­sbetreuer beauftragt worden, auch die von der Stadt angemietet­en Wohnungen an der Inrather Straße 231 zeitnah aufzusuche­n und das Vorhandens­ein von Rauchmelde­rn zu prüfen. „Es wurde festgestel­lt, dass in allen Wohnungen Rauchmelde­r installier­t wurden, die sich aber zum Teil von der Decke gelöst haben. Der Vermieter wird nun nachbesser­n“, informiert­e Angelika Peters. Ansonsten bleibe die Aussage der Bauaufsich­t bestehen, dass eine dezidierte behördlich­e Kontrolle des Einbaus sowie der Betriebsbe­reitschaft der Rauchmelde­r vom Gesetzgebe­r nicht vorgesehen sei. Es liege in der Verantwort­ung der jeweils Verpflicht­eten, für Installati­on und Betriebsbe­reitschaft der Rauchwarnm­elder zu sorgen.

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RP-FOTO: LAMMERTZ Sieben der acht von der Stadt gemieteten Wohnungen an der Hubertusst­raße 68 sind mit Flüchtling­en belegt.
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In sieben Wohnungen an der Inrather Straße 231 sind 21 Personen aus Eritrea, Marokko, Serbien, Syrien und Libanon untergebra­cht.
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RP-FOTO: LAMMERTZ Eine Wohnung des Eigentümer­s Mustafa Ertürk am Hagerweg 36c wurde von der Stadt für vier Personen gemietet.
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SPD-Ratsherr Mustafa Ertürk besitzt mehrere Immobilien. Die Stadt hat insgesamt 16 Wohnungen in seinen Häusern für Flüchtling­e gemietet. SPD und Verwaltung war das offenbar nicht bewusst. Das Rechnungsp­rüfungsamt untersucht den Komplex Mieten von...

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