Rheinische Post Krefeld Kempen
Sturzpech zerstört Krauses Hoffnungen schon früh
LONDON (klü) Riesen-Enttäuschung für Gesa Felicitas Krause: Statt über 3000 Meter Hindernis um eine Medaille mitkämpfen zu können, musste die Frankfurterin in einem wilden, teils kuriosen Rennen früh alle Hoffnungen begraben. Krause wurde bereits im ersten Renndrittel Opfer eines Sturzes der Kenianerin Beatrice Chepkoech, in dessen Folge die Deutsche wiederum über die Gestürzte stolperte. Chepkoech hatte zuvor schon einmal den Wassergraben ausgelassen und umdrehen müssen. Für Krause war das Rennen so früh gelaufen. Mit einem dicken Bluterguss am rechten Knie und Brummschädelüberholt sie auf der letzten Runde noch mehrere Konkurrentinnen und wird beim Sieg von Emma Coburn (USA) noch Neunte in 9:23,87 Minuten.
London hatte der 25-jährigen Krause schon im Vorfeld das Leben nicht gerade leicht gemacht. Pech hatte Krause das erste Mal, als im Hotel, in das sie der Deutsche Leichtathletik-Verband (DLV) wegen der bekannt gewordenen Magen-Darm-Erkrankungen im Team-
Irgendwann ist es dem Fußballgott in der Sommerpause offenbar zu langweilig geworden. Da erfand er den Confed-Cup, die U21-Europameisterschaft, die Frauenfußball-Europameisterschaft, den Telekom-Cup, den Audi-Cup, die vorgezogenen Klub-Weltmeisterschaften in Asien und die sogenannte Transferbörse. Den Emir von Katar machte er so reich, dass der mit Geld sogar den FC Barcelona umwerfen kann. Und dem französischen Fußballspieler Ousmane Dembélé erzählte er in einem Traum, dass Verträge nur für Vereine gelten.
Das alles hat der Fußballgott ganz uneigennützig getan. Er machte es zum Wohl des großen Fußball-Volkes. Er machte es für uns alle, damit wir zwischen Ende Mai und Mitte August nicht wie er selbst vor lauter Langeweile auf dumme Gedanken kommen. Wir könnten dabei zum Beispiel entdecken, dass es durchaus auch andere Sportarten gibt; Hotel umquartierte, auch die ersten Krankheitsfälle auftraten. Pech hatte sie – indes wie die versammelte Konkurrenz – ein zweites Mal, als es während des Vorlaufs am Mittwoch bei kühlen 14 Grad wie aus Eimern schüttete. Da waren die Bedingungen gestern doch deutlich besser.
Über die vergangenen Jahre und spätestens seit ihrem überraschenden Gewinn der Bronzemedaille bei der WM 2015 in Peking und dem Gewinn des EM-Titels 2016 in Amsterdam ist Krause zur Vorzeigeläuferin des DLV avanciert. Als 1,67 Meter großes Energiebündel, das den deutschen Rekord über die 3000 Meter Hindernis zunächst bei Olympia in Rio auf 9:18,41 Minuten verbesserte, nur um ihn Anfang Mai in Katar noch einmal auf 9:15,70 zu steigern. „Ich glaube, das wird das schwerste Rennen meines Lebens. Ich erwarte keine Medaille, aber ich träume von einer“, hatte sie vor dem Finale von London gesagt.
Doch die Weltspitze der afrikanischen Läuferinnen ist bei allen Anstrengungen immer noch ein Stück weit weg für Krause. Zeiten um 9:00 dass der Fußball an sich nie so toll werden kann wie die Summen, die seinen Hauptdarstellern bezahlt werden; dass es doch eine ganz nette Beschäftigung wäre, mal zum Altherren-Turnier in der Nachbarschaft zu gehen; oder dass es noch spannendere Dinge gibt als das neue Europa-League-Auswärtstrikot des Lieblingsvereins – selbst wenn es sich dabei um den 1. FC Köln handelt.
Aber all das hat der Fußballgott nicht zugelassen. Er hat dafür gesorgt, dass die Sommerpause mit der Diskussion darum begann, wie Bundestrainer Joachim Löw so arrogant sein konnte, mit einer besseren U-21-Mannschaft in den ConfedCup zu gehen. Ihm ist zu danken, dass die erste Feststellung der Sommerpause darin bestand, Deutschlands Fußball-Auswahlmannschaften zum zweiten Mal seit Franz Beckenbauers geflügeltem Wort aus den beginnenden 1990ern auf Jahre hinaus für unschlagbar zu halten. Minuten seien utopisch, sagt selbst ihr Trainer. Dabei kann Krause mit ihrer Hürdentechnik immer wieder Meter gut machen, und auch sonst tut sie alles, um näher heranzurücken. 5500 Kilometer spult sie im Jahr ab, seit Jahren fliegt sie nach Kenia ins Trainingslager. In diesem Frühjahr sollte es Äthiopien sein, aber wegen der Bedingungen brach Krause das Experiment nach ein paar Tagen ab und ging wieder nach Kenia. Immer im Kopf auch ihr großes Fernziel: eine Medaille bei den Olympischen Spielen 2020 in Tokio.
Sommerpause – war da was? Confed-Cup, Audi-Cup, Telekom-Cup, U-21-EM, Frauen-EM, Transfergerüchte, Transferrekorde, Formanalysen – drei Monate vergingen mit ganz wichtigen Dingen wie im Fluge.
Und es liegt natürlich auch am Fußballgott, dass diese Feststellung für den Bereich des Frauenfußballs früher mal galt, in dieser Sommerpause aber nicht mehr.
Der Fußballgott hat jedoch zum Glück nicht nur für eine atemlose dreimonatige Beschäftigung mit sportlichen Bestandsaufnahmen gesorgt. Er hat wahrscheinlich auch das Internet erfunden. Da kann der Fan von morgens bis abends, die ganze Nacht, wenn’s sein muss, und die ganze Woche über Meldungen wie diese diskutieren: „Dembélé hat beim Training gelacht.“Oder: „Dembélé war beim Fototermin gelangweilt.“Oder: „Dembélé wurde am Flughafen gesehen.“Oder: „Dembélé ist in Barcelona.“Oder: „Dembélé ist zu Hause.“
Den Fußball-Funktionären hat der Fußballgott beigebracht, sich über jedes Transfergerücht zuerst aufzuregen, es anschließend entschieden zu dementieren und nach dem vollzogenen Wechsel wahlwei- se die Verpflichtung des seit Jahrzehnten begehrten Wunschspielers zu feiern oder den Mangel an Vertragstreue zu bejammern.
Das kann gar nicht langweilig werden. Und es macht aus der Sommerpause eine aufregende virtuelle Welt. Genauso hat der Fußballgott das gewollt. Sein Volk ist Teil einer unermüdlichen, aus sich selbst laufenden Maschine. Und der Fußball ist beinahe ein richtiges Wesen, das alles andere an den Rand drückt – selbst, wenn es vorgibt, eine Pause einzulegen. Das ist nur ein raffinierter Vorwand. In Wirklichkeit ist die Sommerpause der Platz, an dem all die Gerüchte und die gekonnten Analysen über den Zustand der Sportart ausgiebig erörtert werden können. In der Saison, die mit dem Pokal beginnt, ist für so etwas überhaupt keine Zeit. Da wird ja dann richtig Fußball gespielt. Schade. Ihre Meinung? Schreiben Sie unserem Autor: kolumne@rheinische-post.de