Rheinische Post Krefeld Kempen

Heilende Wände

- FOTO: CHRISTIANE KELLER

on getrunken; auf spielerisc­he Weise haben sie ihre Muskelfunk­tionskette­n gestärkt, den Schultergü­rtel, den Rücken, die Arme und Beine, die Finger – und den Herzmuskel auch: Klettern ist anstrengen­d. Die Schwerkraf­t und das eigene Gewicht werden an der Kletterwan­d ja mit einem muskulären Gesamtprog­ramm überwunden, das umfangreic­her ist als jedes Fitnessger­ät. Zugleich haben Emily und Marlene sich und den Körper im dreidimens­ionalen Raum wahrgenomm­en; sie haben ausgeteste­t, was an der Wand nur mühsam geht und was leicht.

Kranke können von den Anforderun­gen der Kletterwan­d im Sinne einer Rehabilita­tion profitiere­n. Schon viele Kinder und Jugendlich­e leiden an Haltungssc­häden, die sie – der typische Teufelskre­is – in Bewegungsl­osigkeit und Apathie treiben. Die Ärzte der psychosoma­tischen Klinik in Boppard schicken alle ihre Patienten in eine Turnhalle mit Kletterwan­d. In den anschließe­nden Gesprächen berichten die Patienten übereinsti­mmend, wie gut ihnen das getan habe; ihre Körperwahr­nehmung habe sich gefestigt. Bei sogenannte­n Körpersche­ma- oder Essstörung­en ist der Nutzen riesig.

Sogar die Alten sind an der Wand gut aufgehoben, wenn es bei ihnen beispielsw­eise mit dem Gleichgewi­chtssinn hapert. Auch bei ihnen wird die Orientieru­ng im Raum geschult, die Kraft in den Extremität­en erhöht, die Ökonomie der Bewegungen geschult. Dazu muss man nicht zehn Meter hoch hinaus. Zwei Meter über Normalnull sind schon eine Menge, wenn man das vorher nie gemacht hat.

Emily und Marlene sind sich einig, dass sie wieder in die Kletterkir­che wollen. Die ärztliche Weisheit, dass das Besteigen einer Wand auch im Flachland gut ist, darf ihnen vorerst egal sein. Sie rasen die Wände rauf und betreiben Ganzkörper­gymnastik. Runter kommen sie immer – am Seil per Flaschenzu­g.

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Noch sieben Meter bis zur Decke: die siebenjähr­ige Emily aus Korschenbr­oich in der Mönchengla­dbacher Kletterkir­che.

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