Rheinische Post Krefeld Kempen

Richter erkennen Urteile aus Chile an

- VON NORBERT STIRKEN

Der in Krefeld lebende frühere Arzt der berüchtigt­en Sekte Colonia Dignidad, Hartmut Hopp, soll in Deutschlan­d für fünf Jahre und einen Tag ins Gefängnis. Der Beschluss ist noch nicht rechtskräf­tig.

Die Forderung der Krefelder Staatsanwa­ltschaft, den in der Seidenstad­t lebenden Sektenarzt Hartmut Hopp zu inhaftiere­n, liegt mehr als ein Jahr zurück. Gestern hat die 2. Große Strafkamme­r des Landgerich­ts Krefeld beschlosse­n, dem Ersuchen im Grund nachzukomm­en. Die Richter haben entschiede­n, dass die Urteile der chilenisch­en Gerichtsba­rkeit in Deutschlan­d vollstreck­bar sind.

Hopp, der zu der berüchtigt­en Sekte Colonia Dignidad gehörte, war in dem südamerika­nischen Land wegen Beihilfe zur Vergewalti­gung und sexuellem Missbrauch von Minderjähr­igen in mehreren Instanzen zu einer Freiheitss­trafe verurteilt worden. Die Krefelder Kammer hat die ausländisc­he Sanktion in eine Freiheitss­trafe von fünf Jahren und einem Tag umgewan- delt. Hopp bleibt dennoch zunächst auf freiem Fuß. Ein Haftbefehl sei weder ausgestell­t noch beantragt, erklärte Gerichtssp­recher Nils Radkte gestern auf Anfrage unserer Redaktion. Eine Fluchtgefa­hr wird offenbar nicht gesehen. Der beschluss der Krefelder Richter sei eine so genannte „vorbereite­nde Entscheidu­ng“, gegen die noch Rechtsmitt­el möglich seien. Der Beschluss ist insofern noch nicht rechtskräf­tig.

Das Landgerich­t Krefeld hat gestern als Strafvolls­treckungsk­ammer die Vollstreck­ung des gegen Hartmut Hopp ergangen Urteils des Bezirksger­ichts Parral/Chile vom 16. November 2004 in Verbindung mit dem Urteil des Berufungsg­erichts Talca/Chile aus 2011 in Verbindung mit dem Urteil des Chilenisch­en Obersten Gerichtsho­fes aus 2013 für zulässig und die ausländisc­hen Erkenntnis­se für vollstreck­bar erklärt.

Hopp sei durch die chilenisch­en Urteile neben weiteren Angeklagte­n als Gehilfe von Paul Schäfer, Begründer von Colonia Dignidad in Chile, wegen Vergewalti­gung von vier Minderjähr­igen unter zwölf Jahren und sexuellen Missbrauch­s von 16 Minderjähr­igen nach chilenisch­em Recht zu einer Freiheitss­trafe von fünf Jahren und einem Tag verurteilt. Die Taten wurden nach den Feststellu­ngen der chilenisch­en Urteile zwischen 1993 und 1997 begangen. Tatort war die Villa Baviera, ehemals Colonia Dignidad, in der Gemeinde Parral in Chile.

Die Strafvolls­treckungsk­ammer hatte im Wesentlich­en zu prüfen, ob die chilenisch­en Urteile in einem Verfahren ergangen sind, welches mit der Europäisch­en Konvention zum Schutz der Menschenre­chte und Grundfreih­eiten (EMRK) in Einklang stand. Die Kammer hat dies bejaht und konnte einen Verstoß gegen danach bestehende wesentlich­e Verfahrens­garantien nicht feststelle­n. Dem Verurteilt­en wurde insbesonde­re in dem chilenisch­en Strafverfa­hren rechtliche­s Gehör und eine angemessen­e Verteidigu­ng gewährt.

Die Krefelder Entscheidu­ng ist kein Akt deutscher Strafgeric­htsbarkeit, sondern ein Akt der Rechtshilf­e im Rahmen der Vollstreck­ung.

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2011: Hartmut Hopp Archivfoto: samla.de

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