Rheinische Post Krefeld Kempen
Solche Angebote hat Air Berlin nicht verdient
Die Offerte des Unternehmers Hans Rudolf Wöhrl für Air Berlin ist eine Zumutung für Unternehmen, Gläubigerausschuss und die Belegschaft. Nur 50 Millionen Euro will er sicher für Deutschlands zweitgrößte Fluggesellschaft zahlen, obwohl alleine die Start- und Landerechte in Düsseldorf eigentlich mehr wert sind. Weitere 450 Millionen Euro will er überweisen, falls nach der Übernahme die Geschäfte richtig gut laufen – wofür dann auch die Lufthansa als erhoffter Partner sorgen soll. Im Klartext: Wöhrl will Air Berlin zum Spottpreis haben. Und andere Firmen sollen die Einnahmen einspielen. Warum Lufthansa da mitmachen soll, bleibt schleierhaft: Die Frankfurter glauben, selbst Teile von Air Berlin nur fortführen zu können, wenn wechselnde Mitarbeiter sich den niedrigeren Tarifverträgen von Eurowings unterwerfen – aber von niedrigeren Arbeitslöhnen ist im Wöhrl-Konzept nicht die Rede.
Fast absurd ist die Idee von Wöhrl, dass Mitarbeiter eine Gewinnbeteiligung erhalten können, falls er Air Berlin weiter verkauft. Das könnte bedeuten: Eine andere Airline schnappt sich die Start- und Landerechte, die meisten Kollegen würden arbeitslos – und als Ausgleich gibt es die Gewinnbeteiligung. BERICHT
Polizei entlasten
Dass die neue Landesregierung die Zahl der Polizisten in NRW erhöht hat, ist noch keine politische Leistung. Zum einen hatte die Vorgängerregierung dasselbe vor, so dass diese Maßnahme politisch völlig unumstritten ist. Zum anderen hat NRW-Finanzminister Lutz Lienenkämper (CDU) bis heute nicht verraten, welche Sparmaßnahmen dem zusätzlichen Personal gegenüberstehen sollen. Bislang werden die zusätzlichen Polizisten ausschließlich mit neuen Schulden bezahlt, und Schulden machen kann jeder.
Politisch spannend sind hingegen die ersten Andeutungen des neuen Innenministers in Richtung Aufgabenkritik: Offenbar prüft Herbert Reul die Verlagerung von Polizei-Zuständigkeiten an die Ordnungsämter. Das ist gut. Der Aufgabenkatalog der Polizei ist über die Jahrzehnte immer größer geworden. Allein mit der Terrorbekämpfung kam zuletzt eine ganze Flut von neuen Pflichten hinzu. Deshalb muss die Polizei umgekehrt Bagatellaufgaben wie die Protokollierung von leichten Unfällen oder die Begleitung von Schwertransporten abgeben dürfen. BERICHT NRW-MINISTER FÜR GEORDNETEN..., TITELSEITE
Hohn für Demokratie
Die Meldungen über deutsche Bürger, die ohne ersichtlichen Grund in der Türkei verhaftet werden, kommen inzwischen in einer so dichten Folge, dass ein Gewohnheitseffekt einzutreten droht. Das darf nicht passieren. Jeder unschuldig Verhaftete ist ein Skandal, eine Verhöhnung demokratischer Spielregeln, ein tragisches Schicksal. Deshalb ist es auch gut, dass in der deutschen Öffentlichkeit immer wieder an den inhaftierten Journalisten Deniz Yücel und andere erinnert wird.
Mit der Festnahme unschuldiger Bürger trifft die Türkei die Bundesrepublik an ihrer empfindlichsten Stelle. Die Freiheit des Einzelnen – die physische und die mentale – ist unser höchstes Gut. Mit den Festnahmen bedroht die Türkei diese demokratische Errungenschaft. Man kann nur jedem Bürger raten, eine Reise in die Türkei sehr wohl zu überlegen. Wer in sozialen Netzwerken Witze über Erdogan verbreitet, wer Türken zu seinen Freunden zählt, die keine bekennenden Erdogan-Anhänger sind, oder wer sich gar öffentlich kritisch über diesen Autokraten geäußert hat, sollte es einfach lassen. BERICHT