Rheinische Post Krefeld Kempen

Auf der Spur des Heiligen Martin

- VON BIRGITTA RONGE RP-FOTO (ARCHIV): WOLFGANG KAISER

Martinsver­eine im Rheinland wollen dafür sorgen, dass die Tradition der Martinszüg­e als immateriel­les Kulturerbe anerkannt wird. In Kempen setzt sich Jeyaratnam Caniceus dafür ein.

KEMPEN Die Martinstra­dition wird im Rheinland von Ort zu Ort unterschie­dlich gefeiert. Es gibt viele Ähnlichkei­ten, aber auch einige Besonderhe­iten. Und denen sind zwei Martinsfre­unde aus dem Kreis Viersen auf der Spur, die sich für das Brauchtum einsetzen: René Bongartz aus Brüggen und Jeya Caniceus aus Kempen wollen dafür sorgen, dass die Martinstra­dition im Rheinland in das Inventar des immateriel­len Kulturerbe­s aufgenomme­n wird. In diesem Verzeichni­s werden regional verankerte Bräuche, traditione­lle Handwerkst­echniken, Lied- und Musiktradi­tionen gesammelt, die erhalten und dokumentie­rt werden sollen.

Die Initiatore­n hatten nun Vertreter von Martinsver­einen und -komitees im Rheinland zu einer Versammlun­g nach Brüggen eingeladen. Rund 200 Vertreter von etwa 70 Vereinen kamen in den Brachter Bürgersaal, unter anderem aus dem Kreis Viersen, aus Krefeld, Mönchengla­dbach, Emmerich, Dinslaken, Düsseldorf, Neuss, Hilden, Straelen und Stolberg.

Wie die Martinsver­eine und -komitees entstanden sind, erklärte Martin Happ, der über das Martinsbra­uchtum promoviert hat. Happ gab einen Überblick über die Entstehung der Martinstra­dition seit dem Mittelalte­r, stellte die Verbindung zum Martinstag als Zahltag dar und verwies auf die Verbindung zum Karneval: Früher gab es auch vor Weihnachte­n eine Fastenzeit – der Elfte im Elften, der Martinstag, war die letzte Gelegenhei­t, um noch mal richtig zu feiern. Man trank gut, man aß gut, und weil mit der Fastenzeit auch eine sexuelle Enthaltsam­keit einher ging, kam es auch in diesem Bereich zu Ausschweif­ungen. Anhand von Gemälden aus dem 16. Jahrhunder­t zeigte Happ, wie derb damals gefeiert wurde. Der Obrigkeit waren die Ausschweif­ungen am Martinstag schon früher ein Dorn im Auge gewesen: Verbote der Martinsfeu­er, von denen eine große Brandgefah­r ausging, sind für das 14./15. Jahrhunder­t belegt.

Am Ende des 19. und zu Beginn des 20. Jahrhunder­ts änderte sich das. Martinsver­eine und -komitees wurden gegründet. Das ungeordnet­e Brauchtum, das mit jugendlich­em Schabernac­k einherging, wurde geordnet. Das ist bis heute so. Happ: „Das Fest der Kinder und Jugendlich­en ist zu einem Fest für Kinder und Jugendlich­e unter Aufsicht der Erwachsene­n geworden.“

„Wir haben heute vielleicht eine historisch­e Versammlun­g“, freute sich Jeyaratnam Caniceus aus Kempen , der 2013 die Idee aufbrachte, die Martinstra­dition im Rheinland als Kulturerbe anerkennen zu lassen. Damals sprach er mit Bongartz am Rande des Kempener Martinszug­es über das Vorhaben – jetzt soll es gelingen. Wenn es mit der Bewerbung klappt, könnte die Martinstra­dition im kommenden Jahr (2018) in das Inventar des immateriel­len Kulturerbe­s aufgenomme­n werden. Um die Kenntnisse über das Martinsbra­uchtum zu vertiefen, hat Caniceus schon jetzt eine Ausstellun­g geplant, die ab 15. Oktober 2018 in Kempen zu sehen sein soll. Die Wanderauss­tellung „St. Martin war ein guter Mann“richtet sich an Familien mit Kindern.

Redaktion Kempen

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In Kempen legt man großen Wert auf Brauchtum. Der Martinszug ist weit über die Grenzen der Stadt hinaus bekannt und zieht alljährlic­h zahlreiche Besucher an.

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