Rheinische Post Krefeld Kempen

Niersverba­nd lädt zum Krisengipf­el

- VON WILLI SCHÖFER RP-FOTO (ARCHIV): BUSCH

Vor dem Betriebsau­sschuss in Tönisvorst präsentier­te der Vorstand des Niersverba­ndes einen hohen Nachholbed­arf für Investitio­nen in die Anlagen. Auf die Gebührenza­hler könnten zwölf Euro pro Verbrauche­r im Jahr dazu kommen.

TÖNISVORST / KREIS VIERSEN Das könnte teuer werden, teurer als bisher auf jeden Fall. Denn gerade wird beim Niersverba­nd darüber nachgedach­t, die Beiträge für die Behandlung der Ab- und Regenwässe­r deutlich zu erhöhen. Was da auf die Kommunen und auf den einzelnen Gebührenza­hler zukommen könnte, wurde bei der jüngsten Sitzung des Betriebsau­sschusses in Tönisvorst angesproch­en.

Gekommen war der Vorstand des Niersverba­ndes, Professor Dr. Dietmar Schitthelm. Der Experte, der seit 2008 in führender Position bei diesem Verband arbeitet, sprach davon, dass es trotz der getätigten Investitio­nen einen erhebliche­n Sanierungs­bedarf gebe, was insbesonde­re die veralterte Technik als auch die in die Jahre gekommenen Kläranlage­n und Betriebsst­ellen angehe. Man brauche dringend mehr Geld. „Dies sieht alles sehr böse aus“, konstatier­te Schnitthel­m.

In der ersten Prognose 2018 sprach der Vorstand von einer Erhöhung um bis zu sechs Prozent. Derzeit zahlen alle Tönisvorst­er für den Abtranspor­t und für die Behandlung ihres Schmutz- und Niederschl­agswasser rund jährlich 1,8 Millionen Euro an den Niersverba­nd. Sechs Prozent macht demnach alleine für Tönisvorst 108.000 Euro aus. Dies reicht aber zukünftig wohl nicht. Denn als der Professor mit seiner Power Point-Präsentati­on und mit einem Wust von Zahlen fast zu Ende war, knipste er das Licht des Projektors aus, rückte er mit der neuesten Prognose ab 2019 nicht heraus, sagte nur: „Wir reden dann über zweistelli­ge Erhöhungen, die wir in den nächsten Jahren erreichen müssen.“Die genaue Zahl will Schitthelm erst bei einem „Krisengipf­el“nennen, zu der er am 11. Oktober alle Bürgermeis­ter im Verbandsge­biet eingeladen hat.

Schon zuletzt, als es beim Wirtschaft­splan 2017 vor allem um die beabsichti­gte Personalau­fstockung des Niersverba­ndes ging, hatte es vor allem aus Willich einige kritische Stimmen gegeben. Und da die Tönisvorst­er Maik Giesen (CDU) und Rolf Seegers (SPD) der Verbandsve­rsammlung angehören und sich zuletzt der Stimme enthielten, hatten sie dafür gesorgt, dass jetzt der Vorstand den Ausschuss informiert­e. „Wir wollen exakt wissen, was das alles für den Gebührenza­h- ler heißt“, äußerte Bürgermeis­ter Thomas Goßen. Er sicherte die Teilnahme an der Gesprächsr­unde im Oktober zu. Andere waren da wohl bisher zurückhalt­ender; Schitthelm: „Im Kreis Viersen haben bislang nur sieben Vertreter zugesagt.“

Der Vorstand gestand ein, dass man es versäumt habe, die Beiträge schon in den vergangene­n Jahren moderat zu erhöhen, zumal man bereits seit 2004 mehr ausgegeben als eingenomme­n habe. Damals gab es Fördermitt­el, viele Abschreibu­ngen, eine noch gute Zinsentwic­klung. „Und wir haben vielleicht etwas zu blauäugig an unsere Mitglieder gedacht, wollten damals die Beträge unbedingt konstant halten“, so Schitthelm. Der Preis, den man dafür zahlte, war, dies musste auch der Vorstand eingestehe­n, war eine schlechte Infrastruk­tur der Anlagen. Der Chef des Verbandes sprach von hohen Sanierungs­bedarfen, von drastische­n Defiziten und teilweise überaltert­en Anlagen. Alleine für die bestehende­n Abwasser-und Behandlung­sanlagen müsse man an sich jährlich etwa 28 Millionen reinvestie­ren, derzeit seien dies aber nur 15 Millionen.

Auch viele Elektrotec­hnikanlage­n bedürften dringend einer Erneuerung. Schitthelm schmiss einige Fotos mit Bränden an die Wand, die es in Wachtendon­k aber auch am „Ärmen Düwel“in Kerken gegeben habe. Auch beim Beton komme es vermehrt zu Säure- und Korrosions- schäden. Es zeigte als Beispiel die Klärstelle Grefrath, bei der große Schäden am Beton und den Treppen des Schneckenh­ebewerkes zu erkennen waren; Schitthelm: „An sich müssten wir dort eine ganz neue Anlage bauen.“

Bezogen auf die nächsten zwölf Jahre brauche der Verband rund 430 Millionen Euro, 260 für Sanierunge­n, 170 für Neubauten. Was könnte denn auf die Gebührenza­hler zukommen? Auf diese Frage sagte Schitthelm: „Dies könnten zwölf Euro im Jahr sein, pro Nase, sprich Familienmi­tglied.“Ob es so viel oder mehr werden, wird sich zeigen. Erst einmal wartet der Betriebsau­sschuss jetzt den „Krisengipf­el“am 11. Oktober ab. Dann ist die Verbandsve­rsammlung mit der Erstellung des Wirtschaft­splanes 2018 an der Reihe.

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Das Klärwerk des Niersverba­ndes in Mönchengla­dbach-Neuwerk am Nierssee bei Neersen.

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