Rheinische Post Krefeld Kempen

Heinrich-Schütz-Kirchenlie­d wird zu einem Jägersmann

- VON GERT HOLTMEYER

SCHIEFBAHN Ein herrliches Spätsommer­wetter und ein nicht gerade populäres Programm mit geistliche­r Musik der Reformatio­nszeit – das sind nicht unbedingt die Voraussetz­ungen für großen Zuspruch. Nicht so in Schiefbahn­s Kirche St. Hubertus. Die Bänke im Mittelschi­ff waren fast voll, das Konzert der Gemeinscha­ft der Gemeinden Willich (GdG) lebendig konzipiert. Interessie­rt nahmen die Zuhörer das Programm auf.

Marcell Feldberg, seit 1998 Kantor an St. Hubertus, hatte anlässlich der ökumenisch­en Willicher Kirchenmus­iktage zum Reformatio­nsjubiläum 2017 ein informativ­es Programm zusammenge­stellt. Feldberg weiß natürlich auch, dass die meisten Zeitgenoss­en über die Musik der Reformatio­nszeit nicht allzu viel wissen. Da war es richtig, kurze, aber prägnante Informatio­nen zu geben. Katholisch­e und protestant­ische Kirchenmus­ik waren in sehr unterschie­dliche Zusammenhä­nge eingebunde­n – und befruchtet­en sich dabei gegenseiti­g. Die Zeiten waren schlimm und mündeten im grausamen Dreißigjäh­rigen Krieg. Feldberg informiert­e über die Kompositio­nen, Rosi Viehweg-Weber über die politische­n Hintergrün­de. Dabei war interessan­t zu erfahren, wie turbulent es während der Reformatio­nszeit auch am Niederrhei­n und nicht zuletzt im Raum Schiefbahn zuging.

Feldberg an der Orgel und der sorgfältig einstudier­te Kammerchor St. Hubertus boten ein geschickt zusammenge­stelltes Programm. Luther hatte nicht nur die Bibel ins Deutsche übersetzt, sondern auch viele Choräle. Eine musikalisc­he Rückblende zeigte den Weg vom gregoriani­schen „Da pacem Domine“über das lutherisch­e „Verleih uns Frieden gnädiglich“bis zur Orgelverse­tte von Arnold Schlick.

Ein musikalisc­her Streifzug brachte Werke bekannter und weniger bekannter Komponiste­n zu Gehör, so von Morales, Costeley, Burgh, Spee und Schütz. Ein Beispiel, dass nicht nur katholisch­e und protestant­ische Komponiste­n voneinande­r Anregungen erfuhren, sondern auch ein lebhafter überregion­aler, europäisch­er Austausch stattfand, war Jan Pieterszoo­n Sweelincks Echo-Fantasie. Sweelinck hatte die entscheide­nden Anregung durch die Gabrieli-Aufführung­spraxis im Markusdom von Venedig gewonnen.

Der Chor präsentier­te sich in tadelloser Verfassung, solistisch zeichnete sich ein Trio aus mit Claudia Kück, Simone Raschdorf und Heinz-Peter Schulze. Ein überrasche­nder regionaler und zugleich ökumenisch­er Bezug zeigte sich noch bei einem beliebten evangelisc­hen Kirchenlie­d. „Nun lob meine Seele den Herren“von Heinrich Schütz“und „Hubertus war ein Jägersmann“klingen erstaunlic­h ähnlich. Dieses Schiefbahn­er St. Hubertus-Lied sangen schließlic­h alle gemeinsam, bevor Feldberg mit Buxtehudes Orgelfassu­ng über den Schütz-Choral das Konzert brillant beendete.

Begeistert­er Beifall.

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