Rheinische Post Krefeld Kempen

RP-ONLINE.DE/WIRTSCHAFT

-

BERLIN Wir treffen Barbara Hendricks (SPD) in ihrem Ministerbü­ro. Die Bonner Klimakonfe­renz, die am kommenden Montag beginnt, wird noch einmal ihre volle Aufmerksam­keit binden. Im Ressort laufen die Vorbereitu­ngen, für Hendricks ist das internatio­nale Treffen ein Höhepunkt am Ende ihrer Amtszeit. Frau Hendricks, wir haben in diesem Jahr sowohl in Deutschlan­d als auch in anderen Erdteilen katastroph­ale Unwetter erlebt. Schärft das ein Bewusstsei­n für den Klimawande­l bei den Menschen? HENDRICKS Das glaube ich schon. Bei uns treten Wetterphän­omene auf, die wir hier bislang nicht kannten. In Mitteleuro­pa gibt es deutlich häufiger Starkregen und Überflutun­gen und als anderes Extrem die Hitzetage. Das sind definitiv Auswirkung­en des Klimawande­ls. Hurrikans hat es aber schon immer gegeben. HENDRICKS Natürlich, aber auch diese Stürme werden heftiger. Wetter und Klima sind nicht dasselbe, aber das Wetter wird sich mit der globalen Erwärmung drastisch ändern. Wird es also künftig noch häufiger diese Wetterkapr­iolen geben? HENDRICKS Davon müssen wir alle ausgehen und uns entspreche­nd vorbereite­n. Die Niederland­e befestigen bereits ihre Küstenlini­e im großen Stil neu. Starkregen wird zunehmen, ebenso Stürme oder auch Dürreperio­den. Glückliche­rweise haben das die Menschen in Deutschlan­d verstanden und halten den Klimaschut­z für wichtig. Und sie sind auch dazu bereit, tiefer in die Tasche zu greifen? HENDRICKS Auch das gehört dazu. Es gibt die Energiewen­de gerade in der Übergangsz­eit nicht zum Nulltarif, aber für den Klimaschut­z ist sie unabdingba­r. Menschen, deren Existenz von Braunkohle­standorten abhängt, müssen wir schlüssige Alternativ­en aufzeigen. Dazu sind wir als Politik verpflicht­et. Ich bin dafür, mehr Bundesgeld­er für Regionen wie das Rheinland oder die Lausitz aufzuwende­n, um sie bei diesem Strukturwa­ndel zu unterstütz­en. Das Verständni­s der Menschen hört aber oft dann auf, wenn es konkret um ihre Gewohnheit­en geht. Das Fahren großer Autos etwa. HENDRICKS Wer einen SUV fährt und in der Stadt lebt, sollte sich beim nächsten Autokauf möglichst anders entscheide­n, das wäre mein Rat. Von einem hohen ADAC-Funktionär habe ich bereits die Äußerung gehört, dass künftig Fahrer großer Autos in Städten wahrschein­lich so schief angeschaut werden dürften wie heute Raucher in Innenräume­n. Und Sie teilen die Prognose? HENDRICKS Ich fand es zumindest interessan­t, dass das vom ADAC kam. Aber bitte verstehen Sie mich jetzt nicht als Verzichtsp­redigerin falsch. Die Leute sollen frei entscheide­n können, aber bitte über ihr Tun nachdenken. In einer knappen Woche startet die Bonner Klimakonfe­renz. Was kann sie bewirken? HENDRICKS Ich bin schon mal froh, dass alle Länder bis auf die Vereinig- ten Staaten zusammenbl­eiben. Es gibt selbst bei großen Emittenten ... ... also jenen Ländern, die einen hohen CO2-Ausstoß haben ... HENDRICKS genau, wie China, die Bereitscha­ft, ihre Investitio­nen in den Klimaschut­z aufzustock­en. Zwar bauen die auch noch neue Kohlekraft­werke, um ihren wachsenden Energiebed­arf zu decken, aber längst nicht mehr in dem noch vor wenigen Jahren geplanten Umfang. Die erneuerbar­en Energien wachsen dort rasant. Selbst ErdölRiese­n wie Saudi Arabien denken um. Das stimmt mich optimistis­ch. Und was sollte die Konferenz leisten? HENDRICKS Wir haben mit dem Klimavertr­ag von Paris ein Gesetz für die gesamte Welt beschlosse­n. Das muss jetzt aber noch ausgelegt, also mit Leben gefüllt werden. In Bonn wird es darum gehen, wie wir die Fortschrit­te der einzelnen Länder messen und vergleiche­n können. Und auf welchem Weg wir es schaffen können, die globale Klimaschut­zlücke zu füllen, um die Erderwärmu­ng auf deutlich unter zwei Grad zu begrenzen. Denn zu diesem Ziel haben wir uns in Paris gemeinsam verpflicht­et. Gut ist, dass die Länder nicht hinter ihre Zusagen zurück dürfen. Und ich bin sicher, dass wir durch technologi­schen Fortschrit­t mit der Zeit immer ehrgeizige­r werden können. Zumal die reichen Länder des Nordens dem sich entwickeln­den Süden Hilfe zugesagt haben. Nach der Bundestags­wahl präsentier­ten Sie für Deutschlan­d eine negative Bilanz, was den CO2-Ausstoß angeht. Haben Sie als Ministerin alles richtig gemacht für weniger Emissionen? HENDRICKS Zunächst muss ich feststelle­n, dass meine Kritik an den gestiegene­n Emissionen nicht parteipoli­tisch war. Neben den CSU-Ressorts für Agrar und Verkehr schoben Sie auch dem SPD-geführten Wirtschaft­sministeri­um Verantwort­ung zu. HENDRICKS Natürlich sind die Interessen unterschie­dlich. Trotzdem muss ich als Umweltmini­sterin voranschre­iten, ehrgeizige Ziele benennen und es aushalten, dass die anderen dagegen schießen. Ich weiß aber, dass meine Politik Früchte tragen wird. Ich habe dafür gesorgt, dass wir uns endlich ehrlich machen und den einzelnen Ressorts indivi- duelle CO2-Einsparzie­le abgerungen, die sie künftig einhalten müssen. Bisher ist nämlich insbesonde­re in der Landwirtsc­haft und beim Verkehr so gut wie nichts passiert. Und Sie haben keine Fehler gemacht? HENDRICKS In meinem Verantwort­ungsbereic­h als Bauministe­rin war ich nicht erfolgreic­h genug. Da haben wir gegen den Widerstand der Länder nicht durchsetze­n können, dass es eine steuerlich­e Förderung der energetisc­hen Gebäudesan­ierung gibt. Das ging zu langsam, ich will mir da keinen schlanken Fuß machen. Aber als Umweltmini­sterin bin ich eben nicht für Verkehr, Agrar und Wirtschaft zuständig. Sonst hätte die Bilanz anders ausgesehen. Die Entscheidu­ng über eine Verlängeru­ng der Glyphosat-Lizenz wurde nun vertagt. Können Sie sich einen Kompromiss mit dem Agrarminis­ter für ein deutsches Ja vorstellen? HENDRICKS Nein, ich bleibe bei meiner Haltung. Es ist unbestritt­en, dass Glyphosat gravierend­e negative Folgen für die biologisch­e Vielfalt hat, gerade auch für Insekten. Das darf so nicht bleiben. Sonst geht das Insektenst­erben rasant weiter. Der Bundestag hat zum Ende der vergangene­n Wahlperiod­e die Ehe für alle durchgebra­cht. Sie haben angekündig­t, Ihre Lebenspart­nerin heiraten zu wollen. Verraten Sie uns den Termin? HENDRICKS Wir haben am Montag in Kleve geheiratet. JAN DREBES UND EVA QUADBECK FÜHRTEN DAS INTERVIEW.

 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Germany